Gül­le kein Pro­blem im Was­ser­schutz­ge­biet „Latrop­tal“?

9. August 2017
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis. Schmallenberg.

I
Fra­gen kann nicht schaden
Die Kreis­tags­frak­ti­on Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW) hat­te Infor­ma­tio­nen über Gül­le-Auf­brin­gung im Was­ser­schutz­ge­biet „Latrop­tal“ im Stadt­ge­biet Schmal­len­berg erhal­ten. Die SBL/FW berich­te­te über Auf­fäl­lig­kei­ten wie „Coli­for­me Bak­te­ri­en“ und „Nitrat“, die bei den Kon­trol­len im Latrop­tal fest­ge­stellt wor­den sind und rich­te­te am 25.07.2017 eine Anfra­ge an den Landrat.
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Glau­be ist gut, Kon­trol­le ist bes­ser, kei­ne Fäka­li­en im Was­ser sind noch besser
Die Ver­wal­tung des Hoch­sauer­land­krei­ses ant­wor­te­te dar­auf­hin mit Schrei­ben vom 07.08.2017, bei der Was­ser­ge­win­nungs­an­la­ge aus dem „Latrop­tal“ han­de­le es sich um eine Sicker­an­la­ge par­al­lel zum Gewäs­ser Latrop. Trink­was­ser wür­de hier also aus ober­flä­chen­na­hem Was­ser aus dem Ufer­fil­trat gewon­nen, das einer wei­ter­ge­hen­den Auf­be­rei­tung bedürfe.
Das Ergeb­nis: Die am 08.06.2017 ent­nom­me­nen Pro­ben des Roh- und Trink­was­sers aus dem „Latrop­tal“ sei­en in mikro­bio­lo­gi­scher Hin­sicht unauf­fäl­lig und wei­ter, das Ergeb­nis der Ana­ly­se vom 08.06.2017 zei­ge auf, dass im „Latrop­tal“ kei­ne fäka­le Belas­tung im Umfeld nach­ge­wie­sen wer­den konn­te. Der Grenz­wert für „Coli­for­me Bak­te­ri­en“ sei 0.

Nitrat „nur“ bei 6,0 mg/​l
Den Nitrat-Grenz­wert lege die Trink­was­ser­ver­ord­nung bei 50 mg/​l fest. Ein Wert von 6,0 mg/​l, so wie im „Latrop­tal“ fest­ge­stellt, sei also aus gesund­heit­li­cher Sicht unbedenklich.

Die Land­wirt­schafts­kam­mer empfiehlt
Der Land­wirt, der das Was­ser­schutz­ge­biet „Latrop­tal“ gedüngt hat, habe eine ord­nungs­ge­mä­ße Dün­gung nach­ge­wie­sen, alles nach den Vor­ga­ben der Was­ser­schutz­ge­biets­ver­ord­nung und unter Berück­sich­ti­gung der Bera­tungs­emp­feh­lun­gen des von der Land­wirt­schafts­kam­mer erstell­ten Dün­ge­plans. Die Dün­gung sei aus­schließ­lich in der Schutz­zo­ne III erfolgt.

Kei­ne Grenz­wer­te für Rohwasser
Roh- und Trink­was­ser, so schreibt der Hoch­sauer­land­kreis, wür­den regel­mä­ßig durch eine zuläs­si­ge Unter­su­chungs­stel­le unter­sucht. Die Ergeb­nis­se der Trink­was­ser­ana­ly­sen sei­en seit 2015 unauf­fäl­lig. (Nach dem Zeit­raum vor 2015 hat­te die SBL/FW nicht gefragt). Für Roh­was­ser gebe es weder Richt- noch Grenzwerte.

„Coli­for­me Bak­te­ri­en“ etwa auch in ande­ren Wasserschutzgebieten?
Die Ant­wort des HSK erscheint uns etwas nebu­lös. Zitat: „Da es sich bei dem zitier­ten Nach­weis von 18 „Coli­for­men Bak­te­ri­en“ im Roh­was­ser einer ober­flä­chen­na­hen Was­ser­ge­win­nungs­an­la­ge nicht um einen hohen Wert und auch der hier nach­ge­wie­se­ne Mess­wert für Nitrat der­art nied­rig ist, erüb­rigt sich eine Beant­wor­tung die­ser Frage.“

Gesetz­ge­ber ist drin­gend gefragt
Nach­dem sich in den letz­ten Tagen die Mel­dun­gen über ein Zuviel an Gül­le, die mög­li­chen gesund­heit­li­chen Fol­gen und die des­we­gen wahr­schein­lich bald explo­die­ren­den Trink­was­ser­kos­ten häu­fen, kön­nen wir gut ver­ste­hen, war­um die Kreis­ver­wal­tung dar­auf ver­weist, dass die Was­ser­be­hör­de unter den gege­be­nen Umstän­den kei­nen Raum für ein unmit­tel­ba­res gewäs­ser­schutz­recht­li­ches Ein­schrei­ten habe.

II
Leseempfehlungen:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/nitratwerte-im-grundwasser-gefahr-fuers-trinkwasser‑1.3617856
http://​www​.deutsch​land​funk​.de/​n​i​t​r​a​t​-​i​m​-​g​r​u​n​d​w​a​s​s​e​r​-​t​r​i​n​k​w​a​s​s​e​r​-​k​o​e​n​n​t​e​-​t​e​u​r​e​r​-​w​e​r​d​e​n​.​1​9​3​9​.​d​e​.​h​t​m​l​?​d​r​n​:​n​e​w​s​_​i​d​=​7​7​7​535

III
Die Ant­wort des HSK in vol­ler Länge:

„Ihre Anfra­ge gem. 5 11 GeschO für den Kreis­tag des Hochsauerlandkreises;
hier: Gül­le im Was­ser­schutz­ge­biet Latrop­tal vom 25.07.2017

Sehr geehr­ter Herr Loos,

zu den mit Ihrer Anfra­ge vom 25.07.2017 auf­ge­wor­fe­nen Fra­gen neh­me ich wie folgt Stellung:

Fra­ge 1: Wel­che Kennt­nis­se haben Sie von den Vor­gän­gen und der Situa­ti­on im Was­ser­schutz­ge­biet Latroptal?

Die Stadt­wer­ke Schmal­len­berg infor­mier­ten mich am 06.06.2017 dar­über, dass im Was­ser­schutz­ge­biet „Latrop­tal“ in der Schutz­zo­ne llI Jau­che aus­ge­bracht wor­den wäre. Dar­auf­hin wur­den unmit­tel­bar mikro­bio­lo­gi­sche Kon­troll­un­ter­su­chun­gen des gewon­ne­nen Roh­was­sers sowie des Trink­was­sers ver­an­lasst. Die­se Pro­ben wur­den am 08.06.2017 ent­nom­men. Das Ergeb­nis der Trink­was­ser­un­ter­su­chung aus dem Aus­gang des Was­se­ni­verks Latrop­tal war in mikro­bio­lo­gi­scher und che­mi­scher Hin­sicht unauf­fäl­lig. Das Ergeb­nis der Roh­was­ser­ana­ly­se — also das Was­ser vor Ein­gang in das Was­ser­werk — haben Sie in Ihrer Anfra­ge zum Teil zitiert. Die­ses Ergeb­nis der Roh­was­ser­ana­ly­se ist eben­falls als unauf­fäl­lig anzu­se­hen. Die­ses Ergeb­nis möch­te ich aus Sicht des Trink­was­ser­schut­zes näher erläutern.

Bei der Was­ser­ge­win­nungs­an­la­ge Latrop­tal han­delt es sich um eine Sicker­an­la­ge par­al­lel zum Gewäs­ser Latrop, d.h. hier wird ober­flä­chen­na­hes Was­ser aus dem Ufer­fil­trat des Gewäs­sers ent­nom­men und anschlie­ßend zu Trink­was­ser auf­be­rei­tet. Auf­grund der unmit­tel­ba­ren Beein­flus­sung durch das Gewäs­ser bedarf das hier gewon­ne­ne Was­ser (Roh­was­ser) einer wei­ter­ge­hen­den Auf­be­rei­tung. Das oben zitier­te Ergeb­nis der Was­ser­ana­ly­se wur­de vor Ein­gang in das Was­ser­werk, also vor die­ser Auf­be­rei­tung, ent­nom­men (Roh­was­ser).

Coli­for­me Bak­te­ri­en ist ein Sam­mel­be­griff für meh­re­re ver­schie­de­ne Bak­te­ri­en­ar­ten. In der heu­te anzu­wen­den­den Ana­ly­tik wer­den nicht aus­schließ­lich fäkal­bür­ti­ge Coli­for­me Bak­te­ri­en nach­ge­wie­sen, son­dern auch Coli­for­me Bak­te­ri­en erfasst, die natür­li­cher Wei­se in der Umwelt vor­kom­men. Das gleich­zei­ti­ge Feh­len von E.coli oder auch intesti­na­len Ente­rok­ken, die im Gegen­satz zu den Coli­for­men Bak­te­ri­en auf einen unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang einer vor­he­ri­gen fäka­len Belas­tung schlie­ßen las­sen wür­den, im Ergeb­nis der Ana­ly­se vom 08.06.2017 zeigt auf, dass dort kei­ne fäka­le Belas­tung im Umfeld nach­ge­wie­sen wer­den konn­te. Für coli­for­me Bak­te­ri­en gilt im Trink­was­ser ein Grenz­wert von 0.

Für Nitrat legt die Trink­was­ser­ver­ord­nung einen Grenz­wert von 50 mg/​I im Trink­was­ser fest. Die­ser Grenz­wert basiert toxi­ko­lo­gisch begrün­det auf den mög­li­chen gesund­heit­li­chen Aus­wir­kun­gen durch eine erhöh­te Nitrat­auf­nah­me bei der kör­per­lich sen­si­bels­ten Bevöl­ke­rungs­grup­pe, den Säug­lin­gen. Ein Wert von 6,0 mg/​I Nitrat im Roh­was­ser oder Trink­was­ser ist aus gesund­heit­li­cher Sicht also unauffällig.

Die von der Bezirks­re­gie­rung Arns­berg erlas­se­ne Was­ser­schutz­ge­biets­ver­ord­nung Latrop­tal vom 23. Sep­tem­ber 1988 regelt Vor­ga­ben für die land­wirt­schaft­li­che Dün­gung. Danach ist in der Schutz­zo­ne III das Auf­brin­gen von Nähr­stoff­trä­gern zum Zwe­cke der Dün­gung nach einem unter Berück­sich­ti­gung der Bera­tungs­emp­feh­lun­gen der Land­wirt­schafts­kam­mer erstell­ten Dün­ge­plan zuläs­sig. Der Land­wirt hat die ord­nungs­ge­mä­ße Dün­gung anhand eines aktu­el­len Dün­ge­plans nach­ge­wie­sen. Die Dün­gung erfolg­te aus­schließ­lich in der Schutz­zo­ne lll. Somit sind die Vor­ga­ben der Was­ser­schutz­ge­biets­ver­ord­nung ein­ge­hal­ten worden.

Fra­ge 2: Wur­den und wer­den von Ihrer Behör­de im Latrop­tal regel­mä­ßig oder unre­gel­mä­ßig Was­ser- und Boden­pro­ben entnommen?

Sowohl Roh‑, als auch Trink­was­ser wer­den regel­mä­ßig der gel­ten­den Trink­was­ser­ver­ord­nung und den gesetz­li­chen Vor­ga­ben der Roh­was­se­rü­ber­wa­chung ent­spre­chend durch eine nach Trink­was­ser­ver­ord­nung zuläs­si­ge Unter­su­chungs­stel­le untersucht.

Fra­ge 3: Wenn ja, wie waren die Ergeb­nis­se seit 2015?

Die Ergeb­nis­se der Trink­was­ser­ana­ly­sen waren in mikro­bio­lo­gi­scher und che­mi­scher Hin­sicht in die­sem Zeit­raum unauf­fäl­lig. Für Roh­was­ser gibt es weder Richt‑, noch Grenzwerte.

Fra­ge 4: Gibt es Ihres Wis­sens im HSK wei­te­re Was­ser­schutz­ge­bie­te, die ähn­lich hohe Mess­wer­te bei coli­for­men Bak­te­ri­en und Nitrat auf­wei­sen oder ande­re nicht akzep­ta­ble Wer­te, z.B. für Ente­ro­kok­ken oder Antibiotika-Rückstände?

Da es sich bei dem zitier­ten Nach­weis von 18 Coli­for­men Bak­te­ri­en im Roh­was­ser einer ober­flä­chen-nahen Was­ser­ge­win­nungs­an­la­ge nicht um einen hohen Wert und auch der hier nachgewiesene
Mess­wert für Nitrat der­art nied­rig ist, erüb­rigt sich eine Beant­wor­tung die­ser Frage.

Fra­ge 5: Wenn ja, wo und wel­che? Wie sind die jewei­li­gen Messwerte?

Sie­he Ant­wort zu Fra­ge 4.

Fra­ge 6: Wel­che Mög­lich­kei­ten hat lhre Behör­de, gegen das Auf­brin­gen von Gül­le in Was­ser­schutz­ge­bie­ten vorzugehen?

Gene­rell rich­tet sich das Vor­ge­hen der Was­ser­be­hör­de nach dem jeweils gel­ten­den Recht, also nach Was­ser­haus­halts­ge­setz, Lan­des­was­ser­ge­setz und den jewei­li­gen Was­ser­schutz­ge­biets­ver­ord­nun­gen. Sofern ins­be­son­de­re die jewei­li­ge Was­ser­schutz­ge­biets­ver­ord­nung für das Auf­brin­gen von Gül­le, Jau­che, Fest­mist etc. in der Schutz­zo­ne IlI kein Ver­bot ent­hält, ist für ein unmit­tel­ba­res gewäs­ser­auf­sicht­li­ches Ein­schrei­ten der Was­ser­be­hör­de kein Raum gegeben.“

PM Der Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)