„Unser täglich Fleisch?“

Sundern. Junge Union Hochsauerland diskutiert mit Vertretern von der Landwirtschaftskammer NRW, Bioland und Animal Rights Watch über die Nutztierhaltung
„Unser täglich Fleisch?“ – zu dieser Frage veranstaltete die Junge Union Hochsauerland gemeinsam mit dem JU Kreisverband Siegen-Wittgenstein ihre diesjährige Klausurtagung. An zwei Tagen befassten sich die Teilnehmer intensiv mit der Nutztierhaltung. Vom Blick in einen Ferkelstall bis zum Besuch in einem Schlachthaus wurde der ganze Kreislauf der Lebensmittelproduktion unter die Lupe genommen. Auch ein völliger Perspektivwechsel war Teil des Programms: Ist es ethisch überhaupt vertretbar, Tiere zu halten? Die Klausurtagung fand am denkbar günstigsten Tagungsort statt: Auf Haus Düsse, dem Versuchs- und Bildungszentrum der Landwirtschaftskammer NRW in Bad Sassendorf, statt. Neben Gebäuden mit Tagungs- und Übernachtungsräumen betreibt die Landwirtschaftskammer hier Stallungen mit mehreren Tausend Rindern, Schweinen und Hühnern. So startete nach einem kurzen Vortrag über die Arbeit auf Haus Düsse die Tagung mit einem Einblick in die Praxis. Anna-Lena Ahring und Felix Austermann – Referenten der Landwirtschaftskammer NRW – führten durch die Schweine- und Rinderställe und erklärten die unterschiedlichen Methoden der Ferkelzucht und der Milchviehhaltung.
 
Im anschließenden Gespräch ging es vor allem um die Entwicklung des Milchpreises: Der Bauer erhält für einen Liter Mich aktuell nur rund 28 Cent. „Überregulierung in Europa, fehlgeleitete Subventionen, hausgemachte Probleme der Landwirtschaft; die Ursachen für die Misere in der Milchviehhaltung sind vielfältig“, bemerkt Thomas Becker, Kreisvorsitzender der JU Hochsauerland und stellt fest: „Als Verbraucher müssen wir sehr genau hinschauen, wie viel Cent der Landwirt wirklich für den Liter Milch bekommt. Es kann sehr gut sein, dass bei der teuren Markenmilch der Aufpreis ins Marketing und nicht an den Landwirt gehen.“
 
Bio oder vegan als Lösung?
Jan Leifert, Landesgeschäftsführer von Bioland NRW, erläuterte am folgenden Tag die Vorzüge des Biolandbaus: „Biolandbau ist die Landwirtschaft der Zukunft. Es macht Hoffnung, dass das Angebot von Bio-Produkten in den Supermärkten wächst.“ Nach dem Prinzip „Lebens- statt Höchstleistung“ setze sich Bioland für eine artgerechte Tierhaltung ein. Sichergestellt werde dies, indem Bioland-Höfe strenge Vorgaben auferlegt werden, die das Wohl des Tieres fördern sollen. Mit einem kompletten Perspektivwechsel forderte Simon Anhut, Vertreter von Animal Rights Watch, die Teilnehmer heraus. Das bundesweite Netzwerk lehnt die Tierhaltung grundsätzlich ab und klärt über die Möglichkeit einer veganen Landwirtschaft und Lebensweise auf. Anhut kritisiert dabei den großen Ressourcenverbrauch sowie den Ausstoß von Treibhausgasen in der konventionellen Landwirtschaft. Für Diskussionen sorgten besonders ethische Argumente wie die Gleichwertigkeit von Mensch und Tier oder dass Tieren Grundrechte vorenthalten würden. Die letzte Station – nicht nur der Klausurtagung, sondern täglich hunderter Schweine und Rinder – war der Schlachthof Jedowski in Unna. Senior-Chef Franz Jedowski führte gemeinsam mit seinem Sohn Matthias durch den Betrieb und erklärte die Produktionsabläufe von der Anlieferung der Tiere bis zum Kühlhaus. Zur Beruhigung einiger Teilnehmer lief die Produktion am Wochenende nicht, denn allein der Anblick der Maschinen und die Erklärung der Abläufe können ein mulmiges Gefühl hervorrufen.
 
„Unser Ziel war es nicht, dass wir am Ende der Klausurtagung eine gemeinsame Position für oder gegen die konventionelle Nutztierhaltung formulieren“, betonte Thomas Becker. Vielmehr sei es darum gegangen, sich mit dem Thema Fleischproduktion und Ernährung intensiv auseinander zu setzen. „Als Verbraucher entscheiden wir jeden Tag darüber, was wir essen. Darum sollten wir über die unterschiedlichen Haltungsbedingungen Bescheid wissen, um beim Kauf von Lebensmitteln bewusste Entscheidungen treffen zu können.“