Offener Brief: Antrag auf Genehmigung der Erweiterung des Steinbruches Habbel um die Abbauphase IV durch die Heinrich Ebel GmbH & Co. KG vom 15.12.2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Stadt Arnsberg hat zu entscheiden, ob sie ihr Einvernehmen zu der Steinbrucherweiterung erteilt, oder ob sie es verweigert. Sie, sehr geehrte Ausschussmitglieder, bereiten diese Entscheidung vor, indem Sie eine Empfehlung aussprechen. Damit Sie sich für die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens aussprechen, hat die Firma Ebel Ihnen das Projekt Steinbrucherweiterung durch ein Planungsbüro am 16.03.2015 vorgestellt. Mitglieder der Bürgerinitiative KOHA IV waren zwar eingeladen, ein Rederecht im offiziellen Teil der Veranstaltung wurde ihnen jedoch nicht gewährt. Kritische Fragen konnten gar nicht oder nur ausweichend beantwortet werden. Die Bürgerinitiative KOHA IV wurde am 27.11.2014 in der voll besetzten Schützenhalle von Müschede als überparteiliche Interessensvertretung gegründet. Sie vertritt die Interessen Müscheder Bürgerinnen und Bürger, die sich seit Jahrzehnten Beeinträchtigungen der Lebensqualität durch den Steinbruch Habbel ausgesetzt fühlen und weitere Beeinträchtigungen durch die Abbauphase IV fürchten. Die Bürgerinitiative setzt sich aus Müscheder Bürgern sowie aus Vertretern der beiden großen Müscheder Parteien CDU und SPD zusammen.
Der Genehmigungsantrag leidet nach unserer Ansicht jedoch an gravierenden Mängeln, soweit wir das bis jetzt auf Grund der Kürze der Zeit beurteilen können, so dass die Stadt Arnsberg ihr gemeindliches Einvernehmen verweigern sollte, so lange die nachfolgend aufgelisteten Mängel und Zweifel nicht beseitigt sind:
- Der Steinbruch soll nicht nur flächenmäßig erweitert werden. Gegenüber der ursprünglichen Genehmigung aus dem Jahre 1989 soll der Steinbruch auch 35 Meter tiefer abgegraben werden, bis etwa zum Grundwasserstand der Röhr. Wir befürchten, dass es bei einer tieferen Abgrabung zu stärkeren Erschütterungen und möglicherweise Gebäudeschäden kommt. Die Firma Ebel verweist allerdings auf ein Sprenggutachten mit der Bezeichnung „Ex 2009“. Dieses Gutachten geht zwar davon aus, dass die Erschütterungen durch Sprengungen sich bei Einhaltung aller einschlägigen Vorkehrungen im gesetzlich zulässigen Rahmen halten. Dieses Gutachten bezieht sich allerdings auf die ursprüngliche Genehmigung von 1989, welche von einer Abbautiefe bis maximal 220m üNN ausging. Die tiefere Abgrabung bis 185m üNN ist nicht in dem Gutachten erwähnt. Der Gutachter hat anscheinend die Auswirkungen der tieferen Abgrabung nicht geprüft. Das Gutachten „Ex 2009“ kann nach unserer Auffassung daher nicht Entscheidungsgrundlage für das konkrete Vorhaben mit einer tieferen Abgrabung sein. Denn aus dem Gutachten selbst geht schon hervor, dass „die deutlich höhere Lage über Talhöhe günstig ist“, was für uns im Umkehrschluss heißt, dass eine tiefere Lage ungünstig ist.
Übrigens hat die Firma Ebel dasselbe Gutachten im Jahre 2013 auch im Verfahren zur tieferen Abgrabung(Abteufung) der Abbauphasen I bis III vorgelegt, obwohl es laut Auftragsbeschreibung dafür gar nicht erstellt worden war.
- Die Firma Ebel weist immer wieder darauf hin, dass sie alle gesetzlichen Vorgaben einhalte und dass die Einhaltung der Richtwerte von unabhängigen Gutachtern bestätigt worden sei. Auch das Sprenggutachten „Ex 2009“ wurde von einem unabhängigen Gutachter erstellt. Die dem Gutachten zugrundeliegenden Sprengerschütterungsmessungen einschließlich der Dokumentationen und K-Wert-Berechnungen wurden allerdings von der MAXAM Deutschland GmbH erstellt. Diese Firma führt im Auftrag der Firma Ebel die Sprengungen durch. Sie wird dafür bezahlt und hat also ein erhebliches Eigeninteresse daran, dass weiterhin Sprengungen durchgeführt werden. Es bestehen also erhebliche Zweifel daran, dass die dem Gutachten zugrundeliegenden Daten unabhängig und neutral ermittelt wurden.
- Das Gutachten „Ex 2009“ trägt das Datum „Dezember 2009“. Allerdings scheint das Gutachten noch viel älter zu sein. Darin ist vielfach die Rede von der noch zu erstellenden Umgehungsstraße B 229 n. Es ist daher zu befürchten, dass die Firma Ebel ein veraltetes Gutachten herangezogen hat.
- Zum Thema Arbeitssicherheit verweist das Gutachten „Ex 2009“ mehrfach auf die Sicherheitsvorschrift BGV C 24. Diese ist jedoch bereits zum 01.12.2012 außer Kraft gesetzt worden. Es ist möglich, dass nunmehr strengere Vorschriften gelten. Jedenfalls wird daraus ersichtlich, dass die Firma Ebel und ihr Planungsbüro das möglicherweise veraltete Gutachten in die Antragsunterlagen übernommen haben.
- Das Sprenggutachten besteht aus 49 Seiten und einer Anlage mit einem Lageplan, einem Bildbericht und einer CD-Rom. Diese Anlage wurde nicht mit den Antragsunterlagen veröffentlicht.
- Das Gutachten „Ex 2009“ beschreibt in Kapitel 4 Grundsätzliches und Allgemeines zu Sprengarbeiten, um auch dem nicht sachkundigen Personenkreis zu ermöglichen, die Ausführungen nachzuvollziehen. In den Antragsunterlagen zitiert die Firma Ebel überwiegend aus diesen allgemeinen Erläuterungen. Diese haben aber nichts mit dem konkreten Vorhaben zu tun. Konkrete Auswirkungen werden in einem speziellen Teil in Kapitel 5 behandelt. Zu Stäuben und Sprengschwaden ist dort allerdings nach unserer Auffassung nur zu lesen, dass diese nicht zu vermeiden sind.
Insofern liefert das Gutachten keine konkreten Informationen.
- Das Gutachten führt in seiner Emissionsprognose zum Sprenglärm aus, „dass mit dem erfolgten Abbau der oberen zwei bis drei Sohlen bereits ein Schutzwall entstanden sein wird“ und dass bei emissionsarmen Flächensprengungen daher von einem mittleren Wert von 90 dB(A) ausgegangen werden könne. Das verstehen wir so, dass während des Abbaus der oberen zwei bis drei Sohlen von einem deutlich höheren Wert ausgegangen werden muss. Diese Belästigung wird jedoch einfach ausgeblendet und soll wohl von den Müschedern über einen unbekannten Zeitraum einfach hingenommen werden.
- Die Firma Ebel hat noch eine Geräuschemissionsprognose eines anderen Büros vorgelegt. Die Geräuschemissionen dieses Gutachtens wurden durch eine Schallausbreitungsrechnung ermittelt. Die Berechnungen wurden aber u.E. für die Abteufung- nicht für die jetzt beantragte Abbauphase IV- erstellt sowie auf Basis messtechnischer Untersuchungen von 2009/2010 und 2012 im Steinbruch Habbel sowie auf der Grundlage von Angaben aus der Fachliteratur. Die Prognose ist also mach unserer Meinung lediglich das Ergebnis eines Rechenvorgangs aufgrund von Messungen „im Steinbruch Habbel“. Nach unserer Auffassung hätte eine dauerhafte Messstation an geeigneten Orten (nicht im Steinbruch) aufgestellt werden müssen, um ein brauchbares Ergebnis zu erzielen. Stattdessen wurde nur gerechnet oder zeitlich und örtlich punktuell gemessen, so dass ein wirklichkeitsgetreues Abbild der Geräuschbelästigungen nach unserer Auffassung nicht vorliegt. Lärmspitzenwerte wurden unserer Kenntnis nach erst gar nicht berücksichtigt insbesondere nicht aufkommende Abbruchgeräusche auf den oberen Abbausohlen direkt gegenüber dem Dorf Müschede.
- Die Firma Ebel hat auch eine „abschätzende Betrachtung der Staubemissionen“ vorgelegt. Dabei handelt es sich anscheinend nicht um ein Gutachten, sondern um eine Schätzung. So wurde zum Beispiel der Emissionsfaktor Gesamtstaub (0,2 kg je Tonne Gestein) unseres Erachtens einfach geschätzt. Es wird dabei nicht angegebenen, auf welcher Grundlage diese Schätzung beruht. Je nach den Umständen könnte sich ein deutlich höherer Faktor ergeben. Sollte dieser Faktor deutlich höher liegen, könnten kritische Grenzwerte jedoch deutlich überschritten werden und die Hauptwind-und Wetterrichtung aus SW/WSW/SSW transportiert den Staub aus dem Steinbruch direkt auf den gegenüberliegenden Hang auf dem Müschede liegt.
- Außerdem wurde nach unserem Verständnis in Abstimmung mit der Genehmigungsbörde festgelegt, dass nur die Zusatzbelastung ermittelt wird, also das Staubpotenzial, welches aus dem Steinbruch kommt. Da es für eine emissionsschutzrechtliche Genehmigung jedoch nicht nur darauf ankommt, ob die Emissionen des Steinbruchs für sich genommen die Werte übersteigen, sondern ob die zusätzlichen Emissionen des Steinbruchs einen Beitrag dazu leisten, dass die zulässigen Werte gemeinsam mit anderen Emissionen überschritten werden, ist diese Vorgehensweise äußerst zweifelhaft. Emissionen durch den Straßenverkehr auf der B 229 n und möglicherweise durch die Steinbrüche Herdringen, Lanwehr und sonstige Emittenten bleiben nach unserer Ansicht vollkommen unberücksichtigt.
Um die wirkliche Staubbelastung für Müschede zu ermitteln wären Langzeitstaubmessungen während der Abbauphase III wichtig und richtig gewesen.
- Oft wird darauf verwiesen, dass die Genehmigung mit Auflagen verbunden ist. Allerdings findet nach unseren Erkenntnissen eine Überwachung durch den HSK faktisch nicht statt. Der HSK hat nach eigenen Angaben keine eigenen Messgeräte. Auch die genehmigte Abbaumenge wurde nach unseren Erkenntnissen bisher nicht kontrolliert. Auflagen stehen nach unserer Meinung also nur auf dem Papier und gewährleisten keinen Schutz für die Müscheder.
Die Stadt Arnsberg hat im Rahmen ihrer gemeindlichen Selbstbestimmung das Recht, das gemeindliche Einvernehmen für Vorhaben zu verweigern, die zu schädlichen Emissionen führen können. Die Stadt Arnsberg ist bei einer Verweigerung des Einvernehmens nicht schadensersatzpflichtig, selbst wenn die Verweigerung rechtswidrig wäre.
Der Steinbruch Habbel wird täglich, außer an Sonn- und Feiertagen im 3-Schicht-Betrieb von 00:00 h bis 24:00 h betrieben. Durch die Steinbrucherweiterung werden die Müscheder Bürgerinnen und Bürger insbesondere durch nächtlichen Lärm, durch Erschütterungen, durch Staubablagerungen auf Solaranlagen, Fensterbänken usw. unseres Erachtens beeinträchtigt. Auch Gesundheitsgefährdungen durch den sehr schädlichen Feinstaub (der noch niemals wirklich gemessen wurde) werden von uns befürchtet.
Anlässlich eines „Runden Tisches“ wurde von uns angeregt, die nächtlichen Arbeiten z.B. von 22:00 h bis 06:00 h einzustellen und auf die Tagschichten zu verlegen. Dies wurde seitens der Firma Ebel allerdings unter anderem mit Hinweis auf einen zu geringen Deckungsbeitrag abgelehnt. Dabei würde ein solcher Kompromiss nach unserer Auffassung auch Arbeitsplätze sichern. Denn wenn die Abbaumenge bei reduzierten Arbeitszeiten beibehalten wird, erfordert dies einen größeren Einsatz von Personal und Maschinen in der verbleibenden Arbeitszeit. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass alle umliegenden Steinbrüche keine Nachtarbeit haben, jedenfalls soweit wir das ermitteln konnten. Die Nachtarbeit wurde am besagten Termin durch Firma Ebel damit begründet, dass Straßenbaustellen nachts mit Material aus dem Steinbruch versorgt werden müssten. Hier könnte man unserer Ansicht nach eine Lösung finden, indem der Steinbruch tagsüber ein Lager anlegt, aus dem nachts die LKWs beladen werden. Solange die Nachtarbeit sich auf das Verladen von Material im Bereich der LKW-Ladestelle beschränkt würde Müschede hiervon sicher kaum oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Unser Ziel ist es nicht, den Steinbruchbetrieb Habbel um jeden Preis stillzulegen. Unser Ziel ist die Beseitigung und Verhinderung unzumutbarer Belästigungen für Müschede.
Auch unser Bürgermeister hat sich in einem Gespräch mit uns gegen insbesondere nächtliche Lärmbelästigungen ausgesprochen. Es sei nicht einzusehen, dass der Steinbruch Habbel nachts Lärm verursachen dürfe, während für einen systemrelevanten Flughafen wie Frankfurt a.M. ein Nachtflugverbot gelte, so der Bürgermeister.
Zum Schluss noch drei weitere Hinweise, die für Müschede besondere Bedeutung haben:
Durch die vorgesehene Erweiterung des Steinbruchs Habbel wird ein für Müschede wichtiges Naherholungsgebiet für Menschen und Lebensräume für Tiere auf alle Zeit unwiederbringlich zerstört. Seltene Kalkbuchenwälder bieten für viele Lebensformen Schutz und Heimat und es gibt eine große Artenvielfalt. So etwas lässt sich durch Ausgleichsmaßnahmen nicht einfach wieder erneuern.
Dass, die Bewohner von Müschede später in eine Kraterlandschaft schauen ist stark zu befürchten. Daher fordern wir, dass es auf keinen Fall zugelassen wird, die aus 1989 bestehenden Rekultivierungsmaßnahmen negativ für die Natur und positiv für den Steinbruchbetreiber zu ändern.
Ganz in der Nähe der Abbaugrenze, ca. 50-100 m sind die Wasserschutzgebiete Müssenbergquelle und der Brunnen Vorkenbruch. Bis heute wichtige Wassergewinnungsanlagen(WGA) der Stadt Arnsberg für Müschede und Wennigloh. Befürchtungen, dass durch Sprengerschütterungen die WGA’s, besonders die Müssenbergquelle in Mitleidenschaft gezogen wird, sind für uns durch die Erklärungen von Gutachtern nicht ausgeräumt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
Klaus Schmitz Ralf Schröder Martin Schmitz Josef Reichenbruch
(Teamführungsmitglieder der KOHA IV, Arnsberg-Müschede)