Leserbrief: Röhrtalbahn-Expertengespräch im Stadtrat Sundern

Sundern. Röhrtalbahn-Expertengespräch im Stadtrat Sundern am 22.6.17
Am von der Stadt Sundern und Bürgermeister Brodel organisierten Experten-Gespräch über die Röhrtalbahn nahmen Fachleute des Zweckverbandes Ruhr-Lippe (ZRL), der Stadt Arnsberg,
des HSK und der RLG teil. Die Fraktion der Grünen-B90 hatte das beantragt.
Nach einer ausführlichen Darstellung zu den Grundlagen der Röhrtalbahn-Reaktivierung
von Herrn Ressel und Herrn Pusch (beide vom ZRL, der den Schienen-Nahverkehr
in der Region bestellt und organisiert) erfolgten kritische und sachliche
Nachfragen, besonders von einigen CDU- und FDP-Ratsmitgliedern, die von den Fachleuten ausführlich beantwortet wurden.

Einige klargestellte Fakten und Anmerkungen (in Klammern) eines Zuschauers:

1.Die Begutachtung der Röhrtalbahn-Infrastruktur erfolgte 2011 nach einem bundesweiten ,
einheitlichen , verkehrswissenschaftlichen Verfahren.

2.Der ermittelte Nutzenfaktor ist in allen untersuchten Varianten zur
möglichen Reaktivierung deutlich über 1,0 und damit ist der Nachweis
des volkswirtschaftlichen Nutzens erwiesen, da der Nutzen größer als
die Aufwendungen ist.
Mit plus 1,8 ist die Variante des Flügelzuges (also die Andockung des
Sunderner Triebwagens im Bahnhof Neheim-Hüsten an den Regionalexpress
57 nach Dortmund Hbf) mit hohem Nutzenwert bewertet.

Selbst die Variante eines Pendelzuges (von Sundern zum neuen Bahnsteig
im Bahnhof in Neheim-Hüsten ) erhält mit einem sehr umfangreichen
Busangebot im Röhrtal immer noch plus 1,25.

Der Schüler-Busverkehr bleibt erhalten, Müschede erhält eine weitere
Buslinie wegen dem Wegfall des Schnellbusses.
Der Zug braucht für die Strecke Sundern – Neheim Bf. nur ca. 20 Minuten.

(Mit diesen Werten werden andernorts Bahnstrecken schnell reaktiviert,
merkwürdig, dass es in Sundern seit ca. 15 Jahren blockiert ist.)

Der jährliche Zuschussbedarf, den es bei nahezu allen SPNV-und ÖPNV-
Linien in Deutschland gibt, liegt in der Flügelvariante bei ca. 1, 8 Millionen Euro.
Bei der Pendelzugvariante sind es etwa 890000 Euro.
(Diese jährlichen Aufwendungen sind aber bereits in der Begutachtung
bzw. Bewertung eingerechnet (!) und dennoch ist ein relativ guter
Nutzenfaktor der Röhrtalbahn eine wichtige Tatsache.
Also müssen die Nutzenfaktoren die Entscheidungsgrundlage sein.
Je mehr Nutzen, umso besser für Stadt und Region.)

Die Fachleute betonten die Beliebtheit moderner Bahnen besonders bei
jungen Leuten.
(Klar, im Zug kann man chillen und bequem mit Smartphone oder Notebook arbeiten,
dann muss man nicht in die Großstädte abwandern.)

Bürgermeister Brodel wies auf die Chance hin, dass mit einer Bahnanbindung
der Stadt Sundern mehr Fachkräfte aus dem Ruhrgebiet für die Sunderner
Wirtschaft gewonnen werden können.
Außerdem betonte Brodel, dass die Stadt die Umgebung der Bahnhöfe im Röhrtal
ohnehin erschließen und entwickeln müsse, dadurch würden also keine Mehrkosten
entstehen.
(Übrigens: Werden Straßenprojekte so bewertet wie die Schienenreaktivierungen,
dann sind sehr viele Straßen, besonders im ländlichen Raum, total unwirtschaftlich.
Natürlich brauchen wir Straßen und die Bahn.)

3.Die stündlich zwei Bahn-Kreuzungen der Straßen L 519 und B 229 mit
Rotsignal dauern nach Aussage der Fachleute etwa so lange wie das
Rotsignal einer Fußgängerampel. (Darum wird es keine nennenswerten Verkehrsbehinderungen geben.)

4.Kosten für die Stadt Sundern entstehen durch die umfangreiche Reaktivierungsinvestition nicht, z.B. für die Bahnsteige, Überdachungen, Barrierefreiheit mit ebenem Einstieg.
Das wird aus Bundes- und Landesmitteln gezahlt, auch der laufende Betrieb
mit jährlichem Zuschuss erfolgt, wie andernorts, aus diesen Geldmitteln.
(Deswegen wird das im Vorfeld genau gutachterlich untersucht, damit Steuergelder
optimal investiert werden und Regionen fördern).

5.Verfahrensdauer: Nach der Beschlusslage von 2011 stehen die Städte Arnsberg und
Sundern und der HSK hinter der Reaktivierung mit klaren, großen Mehrheiten in
der Politik. Bleibt es bei diesem Konsens, bestehen gute Chancen, die Reaktivierung
der Röhrtalbahn zu beschleunigen.
Gibt es keinen Konsens, dann fließen die Geldmittel schnell in eine andere Stadt
(die sich dann freuen werden) und Sundern hätte eine einmalige Chance vergeben.
(Im Wettbewerb der Kommunen steht die Stadt Sundern dann schlecht da.)

6.Radweg: Ein Röhrtalradweg auf der Bahntrasse würde die Chancen einer Reaktivierung
dauerhaft zerstören, wenn dafür die Trasse entwidmet wird.
Die Entscheidung für oder gegen die Reaktivierung der Röhrtalbahn ist eine
„Ewigkeitsentscheidung“, wie das ein CDU-Ratsmitglied treffend sagte.

Ein Radweg auf der Bahntrasse mit Widmung ist möglich, aber problematisch.
Frau Dr. Plass von der Stadt Arnsberg wies darauf hin, dass wegen der Straßen-
Querungen der L 519 und B 229 eine Verampelung mit Rotphasen für die
Auto – und Radfahrer nötig ist.
Außerdem plant die Stadt Arnsberg ein „Mobilitätszentrum“ am Bahnhof Neheim-Hüsten.
(Anmerkung: Mir ist kein Radweg in Deutschland bekannt, der zur Bahntrasse
für neuen SPNV zurückgebaut wurde. Auch in diesem Fall ist dann für die
Stadt Sundern der Zug abgefahren, die Bahn wäre weg und die Röhrtal-Region fällt zurück.
Für den Radweg gibt es sicher andere Lösungen, darauf wies die Fraktion der Grünen hin.)

7.Güterverkehr auf der Schiene: Aus der SPD-Fraktion wurde nach dem Bahn-Güterverkehr
gefragt, wozu aber von den Fachleuten nur wenig gesagt werden konnte, da es hier
in der Reaktivierungsfrage zur Röhrtalbahn nur um den Personenverkehr geht.
(Bahn-Güterverkehr ist ein weiteres und heute sehr aktuelles Thema und eine NEUE LAGE.
Gestern erst stellte die Bundesregierung den neuen „Masterplan“ für Güterverkehr vor.
Damit sind umfangreiche Verbesserungen des Bahn-Güterverkehrs geplant.
Das hat sicherlich Auswirkungen bis ins Röhrtal und damit kann die Röhrtalbahn
für den Güterverkehr wieder wichtig werden. Es genügt, wenn dann wie früher werktags zwei lange Güterzüge fahren. Dazu später mehr.)

 

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Leserbrief von Gerd Blome an Dorfinfo.de