Aus­zu­bil­den­de im Ein­zel­han­del: Auf älte­re Kun­den eingestellt!

19. Juni 2013
von Redaktion

Schu­lung in der Ausbildung

Azubis werden im Umgang mit dementen Kunden geschult

Azu­bis wer­den im Umgang mit demen­ten Kun­den geschult

Arns­berg. Im Zuge des demo­gra­fi­schen Wan­dels wer­den älte­re Men­schen immer stär­ker den öffent­li­chen Raum prä­gen. Als Kun­din­nen und Kun­den stel­len sie neue Anfor­de­run­gen an den Ein­zel­han­del. Immer häu­fi­ger sind auch Men­schen mit Demenz als Kun­den in den Geschäften.

Wie reagie­ren Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter bei­spiels­wei­se, wenn eine Kun­din in der Bäcke­rei bereits zum drit­ten Mal am Tag zwei Laib Brot ein­kau­fen möch­te, oder wenn ein ver­wirrt wir­ken­der Kun­de das Geld in sei­nen vie­len Taschen fin­den kann und dadurch immer hek­ti­scher wird?

Um den Ein­zel­han­del in Arns­berg auf die älter wer­den­de Kund­schaft vor­zu­be­rei­ten, haben sich das Demenz-Ser­vice­zen­trum Regi­on Süd­west­fa­len und die Fach­stel­le Zukunft Alter der Stadt Arns­berg zusam­men­ge­tan. Gemein­sam haben sie bereits 100 Bäckerei‑, Kon­di­to­rei- und Flei­sche­rei­fach­ver­käu­fe­rin­nen in der Aus­bil­dung zum The­ma Demenz geschult.

Den Stein ins Rol­len brach­te dabei eine Aus­zu­bil­den­de zur Bäcke­rei-Fach­ver­käu­fe­rin: „Ist das The­ma „Demenz” nicht für alle Aus­zu­bil­den­den, die Bäcke­rei- oder Kon­di­to­rei­fach­ver­käu­fe­rIn­nen erler­nen, wich­tig?”, frag­te sie, nach­dem sie an einer Schu­lung zum The­ma in einer Bäcke­rei teil­ge­nom­men hat­te. „Soll­te es nicht bereits in der Berufs­schu­le auf­ge­grif­fen werden?”

Mar­tin Polenz von der Fach­stel­le Zukunft Alter, Wer­ner Roland, Schul­lei­ter des Berufs­kol­legs am Eich­holz, und Hen­ri­ke Geth­mann (Lei­te­rin der Abtei­lung Nah­rungs­ge­wer­be) nah­men die­se Idee sofort auf und plan­ten fünf Schu­lungs­ter­mi­ne für sämt­li­che Aus­zu­bil­den­de der Berei­che Bäckerei‑, Konditorei‑, und Flei­sche­rei­fach­ver­kauf. Die Schu­lun­gen wur­den durch­ge­führt von Bir­gitt Braun vom Demenz-Ser­vice­zen­trum Regi­on Süd­west­fa­len und Manue­la Völ­kel von der Fach­stel­le Zukunft Alter der Stadt Arns­berg. Sie schul­ten die Aus­zu­bil­den­den aus allen drei Aus­bil­dungs­jahr­gän­gen von Febru­ar bis Mai 2013.

In den Schu­lun­gen wur­de schnell deut­lich: Die Aus­zu­bil­den­den erle­ben im Beruf tag­täg­lich Situa­tio­nen mit Men­schen mit Demenz. Situa­tio­nen, die nicht immer so ein­fach zu bewäl­ti­gen sind, sagt eine Aus­zu­bil­den­de in der Schu­lung: „Da nimmt zum Bei­spiel eine alte Dame ihre zwei Stück Tor­te ent­ge­gen und ver­lässt unser Geschäft, ohne zu bezah­len. Wie reagie­re ich da angemessen?”

In den Schu­lun­gen durch­den­ken die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kon­kre­te Bei­spie­le aus ihrem Arbeits­all­tag und suchen gemein­sam nach ganz prag­ma­ti­schen Lösun­gen: die Toch­ter, die ein­mal in der Woche die Rech­nung der Mut­ter in der Kon­di­to­rei bezahlt, das bei­läu­fi­ge Gespräch über das Wet­ter, um abzu­len­ken oder den Ein­kauf von nur einem Stu­ten zu ermög­li­chen, da die ande­ren bereits vor­be­stellt seien.

Die Schu­lun­gen set­zen sich u.a. mit dem rich­ti­gen Blick für den Kun­den aus­ein­an­der. Wie las­sen sich Anzei­chen von Demenz erken­nen und wel­che Ver­hal­tens- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gien kön­nen im Umgang ein­ge­setzt werden?

Dass es für die­se Fra­ge­stel­lun­gen kei­ne Patent­re­zep­te gibt, wird schnell klar. Statt­des­sen ist Krea­ti­vi­tät gefragt in der täg­li­chen Begeg­nung. „Es sind kei­ne Aus­nah­me­si­tua­tio­nen, son­dern All­tag”, so Bir­gitt Braun vom Demenz-Ser­vice­zen­trum „und wie­der haben wir mit die­ser Schu­lung einen klei­nen Schritt in die Rich­tung gemacht, Teil­ha­be von Men­schen mit Demenz im Dorf, in der Stadt und im Quar­tier zu ver­bes­sern bzw. zu ermöglichen”.

Denn das ist das Ziel der Schu­lung von Berufs­grup­pen, die nicht direkt mit der Ver­sor­gung und Beglei­tung von Men­schen mit Demenz beschäf­tigt sind: Men­schen mit Demenz zu ermög­li­chen, so lan­ge wie mög­lich selb­stän­dig und auto­nom am Leben teil­zu­neh­men und zu Hau­se woh­nen blei­ben zu kön­nen. Auch wenn sie allein­ste­hend sind und die Kin­der bei­spiels­wei­se wei­ter weg wohnen.