Vogel­schutz­ge­biet bei Bri­lon und Mars­berg – Gemein­sa­me Frak­ti­ons­sit­zung von BBL und GRÜNE

1. Mai 2021
von Redaktion

Ergeb­nis­se der Frak­ti­ons­sit­zung am 14. April zum geplan­ten Vogel­schutz­ge­biet bei Bri­lon und Marsberg

In einer gemein­sa­men Frak­ti­ons­sit­zung haben sich BBL und Bri­lo­ner Grü­ne bei Exper­ten über die Vor­aus­set­zun­gen und Fol­gen des bei Bri­lon und Mars­berg geplan­ten Vogel­schutz­ge­bie­tes (VSG) infor­miert. Als Gesprächs­part­ner stan­den Johan­nes Schrö­der (Vor­sit­zen­der des Natur­schutz­bei­rats und Vor­stands­mit­glied des VNV) und Wer­ner Schu­bert (Lei­ter der Bio­lo­gi­schen Sta­ti­on des HSK) zur Ver­fü­gung. Nach einem ein­lei­ten­den Vor­trag beant­wor­te­ten sie in der Dis­kus­si­on zahl­rei­che Fra­gen der Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer, In die Dis­kus­si­on wur­den auch vor der Ver­an­stal­tung von Bür­ge­rin­nen und Bür­gern gestell­te Fra­gen eingebracht.

Wenig Vogel­schutz­ge­bie­te in NRW

NRW ist kei­nes­wegs füh­rend bei der Aus­wei­sung von VSG, denn nur 4,9% der Lan­des­flä­che wur­den bis­her in NRW als VSG aus­ge­wie­sen. Im Bun­des­durch­schnitt sind es dage­gen 11,5%, also mehr als das Doppelte.

Ins­ge­samt gibt es in NRW bis­her 28 VSG. Die größ­ten VSG in der nähe­ren Umge­bung sind Mede­ba­cher Bucht und Hell­weg­bör­de, ein klei­nes die Bruch­hau­ser Stei­ne. Im HSK gibt es bis­her 4 VSG.

Fotos: LANUV

Der VNV hat­te seit 2017 detail­lier­te Beob­ach­tun­gen und Kar­tie­run­gen im Kreis­ge­biet des HSK vor­ge­nom­men. Der VNV ver­fügt über aus­ge­wie­se­ne orni­tho­lo­gi­sche Exper­ten, mit lang­jäh­ri­ger Erfah­rung, die auch von ande­ren Insti­tu­tio­nen ange­fragt werden.

Dabei ergab sich, dass das unter­such­te Gebiet bei Bri­lon und Mars­berg für die beson­ders geschütz­ten Arten Grau­specht, Raub­wür­ger und Neun­tö­ter zu den fünf wich­tigs­ten Gebie­ten in NRW gehört.

Z.B. wur­den 16 Raub­wür­ger-Brut­paa­re fest­ge­stellt; das sind zwi­schen ein Drit­tel und der Hälf­te des gesam­ten Bestan­des in NRW.

120 km2 Vogel­schutz­ge­biet   

Das LANUV als zustän­di­ges Lan­des­amt hat die Anga­ben des VNV über­prüft. Dar­aus ergab sich der Vor­schlag, ein neu­es VSG mit einer Grö­ße von 120 km2 aus­zu­wei­sen. Die­se Flä­che umfasst vor allem Wäl­der und Natur­schutz­ge­bie­te. Nach Ansicht des VNV ist das vor­ge­se­he­ne Gebiet sogar zu klein, weil es nur einen zu gerin­gen Anteil der Brut­paa­re der geschütz­ten Vogel­ar­ten ent­hält, z.B. beim Neun­tö­ter weni­ger als die Hälfte.

 

Haupt­ziel eines VSG ist es, die beson­ders geschütz­ten Vogel­ar­ten zu erhal­ten; es besteht ein „Ver­schlech­te­rungs­ver­bot“.  Dies bedeu­tet, dass für die wert­ge­ben­den und schüt­zens­wer­ten Arten ein posi­ti­ver Erhal­tungs­zu­stand erreicht wer­den soll.

Ein VSG stellt zudem einen prio­ri­tä­ren Raum für För­der­maß­nah­men dar. So wer­den Natur­schutz­groß­pro­jek­te des Bun­des vor allem in VSG rea­li­siert, wie z.B. in der Mede­ba­cher Bucht geschehen.

Der­zeit han­delt es sich das vom LANUV aus­ge­wie­se­ne Gebiet bereits um ein sog. „fak­ti­sches“ VSG, wegen der zahl­rei­chen dort fest­ge­stell­ten schüt­zens­wer­ten Vogel­ar­ten. Hier gilt daher eine Ver­än­de­rungs­sper­re. Die­se ist stren­ger als die Ein­schrän­kun­gen nach der erfolg­ten offi­zi­el­len Aus­wei­sung als VSG.

Freie Ent­schei­dung für Landwirte

Den Land­wir­ten steht es frei, die Bewirt­schaf­tung ihrer Flä­chen an das VSG anzu­pas­sen. Wenn sie sich zur Unter­zeich­nung eines ent­spre­chen­den Ver­tra­ges ent­schlie­ßen, erhal­ten sie För­der­mit­tel. Falls sie wie bis­her wei­ter­wirt­schaf­ten wol­len, ist dies eben­so zuläs­sig, aller­dings ohne Erhalt von För­der­gel­dern,. Die betrof­fe­nen land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen lie­gen weit­ge­hend bereits in Natur­schutz­ge­biet (NSG). Für sie gibt es durch die Aus­wei­sung des VSG mehr För­der­mög­lich­kei­ten (Acker­land­strei­fen und Grün­land­för­de­rung), jedoch kei­ne wei­te­ren Einschränkungen.

Anders ist die Situa­ti­on für die Forst­wirt­schaft, für die kaum För­der­mög­lich­kei­ten bestehen, wenn es sich nicht gleich­zei­tig um ein Natur­schutz­ge­biet (NSG) han­delt. Für die Wie­der­auf­fors­tung unse­rer Wäl­der bestehen aller­dings auch kei­ne wei­ter­ge­hen­den Ein­schrän­kun­gen durch die Aus­wei­sung zum VSG.

Die Errich­tung von Wind­ener­gie­an­la­gen (WEA) ist in einem VSG grund­sätz­lich nicht zuläs­sig. Für vor­han­de­ne Anla­gen gilt aller­dings ein Bestands­schutz. Für ein Repowe­ring müss­te ein neu­er Geneh­mi­gungs­an­trag gestellt werden.

Für Bau­vor­ha­ben im Außen­be­reich inner­halb eines aus­ge­wie­se­nen VSG ist eine sorg­fäl­ti­ge Ein­zel­fall­prü­fung erfor­der­lich. Wäh­rend der Zeit des „fak­ti­schen VSG“ ist dies aller­dings noch nicht möglich.

An der für die B7n, von der Bri­lo­ner CDU und SPD favo­ri­sier­ten (nörd­lich gele­ge­nen) Vari­an­te 1 wur­den meh­re­re beson­ders geschütz­te Brut­paa­re gezählt. Daher ist die­se Vari­an­te nicht rea­li­sier­bar. Die­se Fest­stel­lung hat­te die Lan­des­stra­ßen­bau­ver­wal­tung aller­dings schon vor Beginn der Dis­kus­si­on über das VSG getrof­fen und Vari­an­te 1 damit bereits vor­her schon für nicht in Betracht kom­mend beurteilt.

Wei­te­re Bera­tun­gen über die Stel­lung­nah­me zum VSG wer­den am 4. Mai im Natur­schutz­bei­rat des HSK sowie am 6. Mai und am 2. Juni im Umwelt­aus­schuss des HSK erfol­gen. Die Städ­te Bri­lon und Mars­berg haben eine Anwalts­kanz­lei beauf­tragt. Sie soll offen­sicht­lich die Städ­te bera­ten, wie sich das VSG ver­hin­dern lässt. Die­ses Vor­ha­ben erscheint nach den Aus­füh­run­gen der Refe­ren­ten aber weder sinn­voll noch aussichtsreich.