Wozu dient ein Naturschutzgebiet?

5. Januar 2014
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis. Bri­lon. Mars­berg. Man könn­te mei­nen, dass die­se Fra­ge ganz ein­fach zu beant­wor­ten ist.
§ 23 Bun­des­na­tur­schutz­ge­setz sagt dazu:
(1) Natur­schutz­ge­bie­te sind rechts­ver­bind­lich fest­ge­setz­te Gebie­te, in denen ein beson­de­rer Schutz von Natur und Land­schaft in ihrer Ganz­heit oder in ein­zel­nen Tei­len erfor­der­lich ist
1. zur Erhal­tung, Ent­wick­lung oder Wie­der­her­stel­lung von Lebens­stät­ten, Bio­to­pen oder Lebens­ge­mein­schaf­ten bestimm­ter wild leben­der Tier- und Pflanzenarten,

Das scheint auch fast über­all so zu gel­ten – nur die Mehr­heit im Kreis­tag des Hoch­sauer­land­krei­ses scheint das anders zu sehen. In der letz­ten Sit­zung ging es wie­der mal um eine Aus­nah­me vom Schutz von Tie­ren in Natur­schutz­ge­bie­ten. Nor­ma­ler­wei­se dür­fen in einem Natur­schutz­ge­biet kei­ne Kor­mo­ra­ne geschos­sen wer­den. Dem Land­schafts­bei­rat wur­de in sei­ner Sit­zung am 19.11.2013 von der Ver­wal­tung der Antrag vor­ge­legt, den Abschuss von Kor­mo­ra­nen in eini­gen Natur­schutz­ge­bie­ten doch zuzu­las­sen. Die­ses Ansin­nen lehn­te der Land­schafts­bei­rat ab. Ein Mit­glied wies in der Dis­kus­si­on dar­auf hin, dass Kor­mo­ra­ne auch in allen ande­ren Krei­sen in NRW nicht inner­halb von Natur­schutz­ge­bie­ten geschos­sen wer­den dürfen.

Man könn­te den­ken, dass das The­ma damit erle­digt sei. In die ver­öf­fent­lich­te Tages­ord­nung für die nächs­te Kreis­tags­sit­zung wur­de es gar nicht erst auf­ge­nom­men. Doch die Fische­rei-Lob­by gab nicht auf. Zwar geschah zunächst lan­ge nichts, aber einen Tag vor der Kreis­tags­sit­zung am 13.12.2013 wand­te sich die Fische­rei-Lob­by an Land­rat und Kreis­ver­wal­tung mit dem Antrag, der Kreis­tag möge den Beschluss des Land­schafts­bei­rats kip­pen und den Kor­mo­ran-Abschuss an Hoppe­cke und Die­mel zulassen.

Nun gibt es kla­re Rege­lun­gen für die Tages­ord­nun­gen von Sit­zun­gen des Kreis­tags und der Gemein­de­rä­te. Alle Tages­ord­nungs­punk­te müs­sen vor­her bekannt gege­ben wer­den. Damit kön­nen sich die Mit­glie­der des Gre­mi­ums auf die­se Punk­te vor­be­rei­ten, und die Öffent­lich­keit weiß vor­her Bescheid, was zur Ent­schei­dung ansteht. Nur in ganz engen Aus­nah­me­fäl­len dür­fen wäh­rend der Sit­zung zusätz­li­che Tages­ord­nungs­punk­te auf­ge­nom­men wer­den. Vor­aus­set­zung dafür ist u.a., dass eine Ange­le­gen­heit kei­nen Auf­schub dul­det oder eine “äußers­te Dring­lich­keit” besteht. Im Fach­kom­men­tar heißt es dazu: “Kei­nen Auf­schub dul­det eine Ange­le­gen­heit, wenn ihre Ent­schei­dung unter Berück­sich­ti­gung der ein­zu­hal­ten­den Ladungs­frist nicht bis zur nächs­ten Sit­zung auf­ge­scho­ben wer­den kann, ohne dass Nach­tei­le ein­tre­ten, die nicht wie­der rück­gän­gig gemacht wer­den kön­nen … Bei­spie­le sind der Ablauf von Fris­ten oder dro­hen­de finan­zi­el­le Ver­lus­te, z.B. Ver­zin­sungs­auf­wen­dun­gen“. Dabei haben Kreis­tag und Rat kei­nen Beur­tei­lungs­spiel­raum, auch nicht mit einem Mehrheitsbeschluss.

Die sehr engen Vor­aus­set­zun­gen für eine Erwei­te­rung der Tages­ord­nung lie­gen hier sicher­lich nicht vor. Trotz­dem ver­teil­te die Kreis­ver­wal­tung in der Sit­zung eine Tisch­vor­la­ge, der Kreis­tag beschloß mit Mehr­heit die Erwei­te­rung der Tages­ord­nung und stimm­te anschlie­ßend mit Mehr­heit dem Vor­schlag der Ver­wal­tung zu, den Abschuss von Kor­mo­ra­nen in den Natur­schutz­ge­bie­ten “Unte­res Die­mel­tal” und “Obe­res Die­mel­tal” doch zuzu­las­sen. Eine inhalt­li­che Vor­be­rei­tung auf die­sen Tages­ord­nungs­punkt war nicht mög­lich, weil davon ja vor­her nichts bekannt war.

Doch die SBL gibt sich damit nicht zufrie­den. Kreis­tags­mit­glied Rein­hard Loos for­der­te den Land­rat zwei Tage nach der Kreis­tags­sit­zung auf, den Beschluss des Kreis­tags wegen erheb­li­cher for­mel­ler Män­gel “gemäß § 39 Abs. 2 KrO NRW umge­hend zu bean­stan­den”. Das ist nun schon drei Wochen her, und noch immer ist kei­ne Ant­wort des Land­rats ein­ge­gan­gen. Auf die Fische­rei-Lob­by haben Land­rat und Kreis­ver­wal­tung viel schnel­ler reagiert…

Quel­le: Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL)