Wahl­pro­gramm und Mas­sen­tier­hal­tung – Kreis­tags­frak­ti­on Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW) stellt dem Land­rat diver­se Fra­gen zur geplan­ten Puten­mast­an­la­ge in Meschede-Schederberge

28. Juli 2014
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis. Mesche­de. Seit Juni 2014 ist die Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW) wie­der mit zwei Kreis­tags­mit­glie­dern und somit in Frak­ti­ons­stär­ke im Kreis­tag ver­tre­ten. Die For­mu­lie­rung des Wahl­pro­gramms liegt also erst ein paar Mona­te zurück, und es ist noch nicht, so wie bei eini­gen gro­ßen Par­tei­en, gleich wie­der in Ver­ges­sen­heit gera­ten. Im Gegen­teil, die Leit­li­ni­en und Zie­le der SBL sind den SBL‚ern noch sehr präsent!

So prä­sent, dass die SBL/FW dem Land­rat im Zusam­men­hang mit der geplan­ten Puten­mast­an­la­ge einen klei­nen, prä­gnan­ten Aus­zug aus dem SBL-Wahl­pro­gramm zusand­te, gleich­zei­tig mit diver­sen Fra­gen zur Mas­sen­tier­hal­tung und deren Aus­wir­kun­gen auf Mensch, Tier und Umwelt. Schließ­lich ist der Land­rat obers­ter Chef der Kreis­ver­wal­tung, zu der auch das Vete­ri­när­amt, das Gesund­heits­amt, die Unte­re Land­schafts­be­hör­de und die Unte­re Was­ser­be­hör­de gehören.

Wer das Anschrei­ben und die gefühlt 100, in echt aber „nur“ rund 20 Fra­gen der SBL/FW lesen möch­te, hier ist die kom­plet­te Anfra­ge vom 22.07.2014:

„Sehr geehr­ter Herr Landrat,
sehr geehr­ter Herr Ausschussvorsitzender,

in unse­rem Wahl­pro­gramm 2014 befas­sen wir uns neben vie­len ande­ren The­men auch mit dem Tier­schutz. Wir for­mu­lier­ten u.a. unse­re Auf­fas­sung, dass beim Tier­schutz Ver­bes­se­run­gen drin­gend erfor­der­lich sind und sie nicht wei­ter in die Zukunft ver­scho­ben wer­den dür­fen. Wort­wört­lich steht im Wahl­pro­gramm der Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW):
… Tie­re sind Lebe­we­sen die wie wir Freu­de, Angst und Schmer­zen emp­fin­den. Doch häu­fig wer­den unse­re Mit­ge­schöp­fe nur unter dem Aspekt der Wirt­schaft­lich­keit gese­hen und lei­der auch ent­spre­chend behandelt.
Wir for­dern daher mit Nach­druck, Tier­schutz und Tier­rech­te ernst zu neh­men und allen Tie­ren ein art­ge­rech­tes Leben zu ermög­li­chen. Das gilt ins­be­son­de­re auch für Mast­be­trie­be und die Lege­hen­nen-Hal­tung. Daher muss die Bestands­dich­te bei der Boden­hal­tung von Geflü­gel redu­ziert wer­den und Hüh­nern, Puten und ande­ren Mast­tie­ren ein wesent­lich grö­ße­rer Lebens­raum zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Die Hal­tung soll­te mög­lichst weit­ge­hend im Frei­land erfol­gen. …

Auch für gro­ße Tei­le der Bevöl­ke­rung ist Mas­sen­tier­hal­tung nicht mehr akzep­ta­bel: Und das nicht nur wegen der in gewis­ser Regel­mä­ßig­keit auf­tre­ten­den Skan­da­le. Schlag­zei­len über tier­quä­le­ri­sche, nicht art­ge­rech­te Hal­tung, über­mä­ßi­gen Anti­bio­ti­ka-Ein­satz, anti­bio­ti­ka­re­sis­ten­te Kei­me auch auf Puten­wurst und gro­ße Men­gen anfal­len­der Gül­le, von der Gesund­heits­ge­fah­ren wie Darm­er­kran­kun­gen aus­ge­hen kön­nen, all das spricht unse­res Erach­tens gegen die in Mesche­de-Sche­der­ber­ge geplan­te gro­ße Puten­mast­an­la­ge. Denn da sol­len bald auf engs­tem Raum in einem Stall sage und schrei­be 10.000 Tie­re gehal­ten wer­den. Dar­um wun­dert uns die Grün­dung der „Inter­es­sen­ge­mein­schaft Sche­der­ber­ge“ nicht, zumal es sich ja bei dem geplan­ten Betrieb nicht um die ers­te gro­ße Puten­mast­an­stalt im Stadt­ge­biet von Mesche­de handelt.

Etli­che Tier- und Natur­schutz­ver­bän­de set­zen sich sehr kri­tisch mit der Mas­sen­tier­hal­tung aus­ein­an­der. Bei­spiels­wei­se die „Albert-Schweit­zer-Stif­tung“ kri­ti­siert auf ihren Inter­net­sei­ten: „ … Bei der Puten­mast steht die mög­lichst schnel­le Gewin­nung von Fleisch im Vor­der­grund, was auf Kos­ten des Wohl­be­fin­dens und der Gesund­heit der Tie­re geht. So wer­den Mast­pu­ten, obwohl sie zum Schla­fen Dun­kel­heit brau­chen, fast per­ma­nent (sogar bis zu 24 Stun­den) im Hel­len gehal­ten, weil sie dann auch nachts die Fut­ter­stel­len auf­su­chen und schnel­ler zuneh­men. … Auf­grund der extre­men Über­züch­tung kön­nen sich die Puten am Ende der Mast kaum noch fort­be­we­gen – vie­le ver­en­den bereits vor der Schlachtung. …“
Siehe:
http://​albert​-schweit​zer​-stif​tung​.de/​m​a​s​s​e​n​t​i​e​r​h​a​l​t​u​n​g​/​p​u​ten

Zu den Ämtern in der Kreis­ver­wal­tung gehö­ren auch das Vete­ri­när­amt, das Gesund­heits­amt, die Unte­re Land­schafts­be­hör­de und die Unte­re Wasserbehörde.

Wir neh­men die Beden­ken und die Pro­tes­te der Bevöl­ke­rung und der Tier­schüt­zer ernst und unser Wahl­pro­gramm beim Wort und fra­gen Sie:

Punkt 1 – Massentierhaltung

a) Hal­ten Sie Mas­sen­tier­hal­tung, so wie sie z.B. in dem bereits bestehen­den Betrieb in Me-sche­de-Hor­bach seit Jah­ren prak­ti­ziert wird, für eine geeig­ne­te, art­ge­rech­te und nicht tier­quä­le­ri­sche Form der Tierhaltung?

b) Wie stellt der Hoch­sauer­land­kreis sicher, dass Tie­ren in Mas­sen­tier­hal­tung, wie z.B. den Puten in Hor­bach, ein art­ge­rech­tes, schmerz- und lei­dens­frei­es Leben gewähr­leis­tet wird (dazu gehört z.B., dass die Vögel nicht per­ma­nent im Hel­len gehal­ten wer­den) und, dass die Schlach­tung für die Tie­re mög­lichst angst- und schmerz­frei verläuft?

c) Bekannt­lich bie­tet die Mas­sen­tier­hal­tung viel­fa­che Ver­brei­tungs­mög­lich­kei­ten für diver­se Arten von Krank­heits­er­re­gern, die auch auf Men­schen über­trag­bar sind. Durch wel­che Maß-nah­men trifft der HSK dies­be­züg­lich Vorsorge?

d) Wie groß sind die Men­gen Anti­bio­ti­ka und ande­rer wachs­tums­för­dern­den Phar­ma-Pro­duk­te (wie Hor­mon­prä­pa­ra­ten), die im Mast­be­trieb in Mesche­de-Hor­bach seit 2012 bis heu­te ein­ge­setzt wurden?

e) Wel­che Fut­ter­mit­tel wer­den den Puten in Mesche­de-Hor­bach ver­ab­reicht? Steht auf dem „Spei­se­plan“ auch Fut­ter aus „recy­cel­ten“ Tierkörpern?

f) Wie groß war in den Jah­ren 2012 bis heu­te im oben genann­ten Mast­be­trieb die Mor­ta­li­tät der Tie­re durch Ver­let­zun­gen und Krank­hei­ten (Anzahl der ver­en­de­ten Tie­re)? Wie vie­le Tötun­gen erfolg­ten auf­grund von Ver­let­zun­gen und Krank­hei­ten? Wo und wie wer­den die Kada­ver entsorgt?

Punkt 2 – Kontrollen

a) Wie häu­fig, zu wel­chem Zwe­cke, mit wel­cher Inten­si­vi­tät und durch wen erfolg­ten im Zeit­raum von 2012 bis heu­te Kon­trol­len in Geflü­gel­mast­be­trie­ben? Wann und wo und mit wel­chen Ergeb­nis­sen wur­den die Über­prü­fun­gen durch­ge­führt (z.B. beim Puten­mast­be­trieb in Meschede-Horbach)?

b) Wie oft kam es in die­ser Zeit zu Bean­stan­dun­gen sei­tens des Kreis­ve­te­ri­när­am­tes oder ande­rer Kontrollinstanzen?

c) Wel­che Män­gel wur­den im Ein­zel­nen fest­ge­stellt (z.B. beim Puten­mast­be­trieb in Meschede-Horbach)?

d) Wie wer­den Kon­trol­len und Män­gel doku­men­tiert und wie lan­ge, wo und für wen sind die­se Doku­men­te einsehbar?

Punkt 3 – Aus­wir­kun­gen auf Land­wirt­schaft, Umwelt und Wasser 

a) Trifft es zu, dass im nähe­ren und wei­te­ren Umfeld des bestehen­den wie des geplan­ten Puten­mast­be­triebs im Stadt­ge­biet Mesche­de von dem Betrei­ber der Mastanlage(n) land­wirt­schaft­li­che Flä­chen auf­ge­kauft oder gepach­tet wer­den, um dort Mais für die Geflü­gel­mast anzubauen?

b) Wenn ja, wie groß sind die Mais­an­bau­flä­chen für die Puten­mast im Stadt­ge­biet Mesche­de? In wel­chen Ort­schaf­ten befin­den sich grö­ße­re Maismonokulturen ?

c) Trifft es zu, dass die­se Mais­flä­chen mit Gül­le aus der Puten­mast und/​oder den rest­li­chen Sub­stra­ten aus den Bio­gas­an­la­gen des Geflü­gel­m­äs­ters „gedüngt“ wer­den? Wel­che Gül­le-men­gen fie­len 2012, 2013 und 2014 bis heu­te im Puten­mast­be­trieb in Hor­bach an?
Was geschieht mit der über­schüs­si­gen Gülle?

d) Wur­de und wird durch z.B. den HSK über­prüft, dass die mit Gül­le beauf­schlag­ten Flä­chen im Stadt­ge­biet Mesche­de Fluss‑, Grund- und Trink­was­ser beein­träch­ti­gen oder gibt es Hin­wei­se dar­auf? Liegt der frag­li­che Bereich im Ein­zugs­ge­biet von Trink­was­ser­ge­win­nungs­an­la­gen? Wenn ja, von welchen?

e) Wie, wie oft, durch wen und mit wel­chen Ergeb­nis­sen wur­de und wird der Nitrat­ge­halt der mit Gül­le und/​oder den Rück­stän­den aus Bio­gas­an­la­gen „gedüng­ten“ land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen überprüft?

f) Wie schät­zen Sie die Aus­wir­kun­gen der bestehen­den und der geplan­ten Puten­mast­an­la­ge auf die umlie­gen­den Natur­schutz- und Nah­erho­lungs­ge­bie­te ein?

Punkt 4 – Beein­träch­ti­gung der Bevölkerung

a) Wel­che Maß­nah­men zum Schutz der Bevöl­ke­rung schreibt der Gesetz­ge­ber für den Bau eines Puten­mast­be­triebs vor? Wel­che Vor­sor­ge muss z.B. gegen die zu erwar­ten­de Fein­staub­be­las­tung, gegen Geruchs­be­läs­ti­gung und die Gefahr von Anti­bio­ti­ka-Resis­ten­zen getrof­fen werden?

b) Wie hoch ist die Fein­staub­be­las­tung im unmit­tel­ba­ren sowie im wei­te­ren Umfeld des Puten­mast­be­triebs in Horbach?

c) Unter­stüt­zen Sie – so wie die SBL/FW – die Reso­lu­ti­on der Inter­es­sen­ge­mein­schaft Sche­der­ber­ge? Wenn nein, war­um nicht?“

Quel­le: Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)