Qua­li­tät der Gewäs­ser im Hoch­sauer­land­kreis (Mikro­schad­stof­fe inklusive)

6. Mai 2018
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis.

Deutsch­land­weit schlech­te Gewässerqualität
Eine Anfra­ge der Grü­nen Bun­des­tags­frak­ti­on brach­te es ein­mal wie­der ans Tages­licht. Es steht nicht gut um die Qua­li­tät der Fließ­ge­wäs­ser und Seen in Deutsch­land. „Die wenigs­ten Flüs­se und Bäche in Deutsch­land sind öko­lo­gisch in gutem Zustand.“ So fass­te die Frank­fur­ter Rund­schau die Erkennt­nis zusam­men und ergänz­te, eines der Haupt­pro­ble­me sei der Ein­satz von Düngern.

Man­gel an Wil­len und Personal
Die Natur­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on WWF mut­maßt offen­bar Umwelt­ver­stö­ße und for­dert, es bräuch­te mehr Geld, mehr Per­so­nal und poli­ti­schen Wil­len, um Ver­stö­ße gegen die bestehen­de euro­päi­sche Was­ser­rah­men­richt­li­nie etwa durch Indus­trie und Land­wirt­schaft zu ahnden.

Situa­ti­on im HSK
Aus Sicht der Kreis­tags­frak­ti­on Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW) bestehen vie­ler­lei Grün­de, sich Sor­gen um die Qua­li­tät der Gewäs­ser im Hoch­sauer­land­kreis zu machen. Schließ­lich wer­den hier Schwei­ne, Puten und ande­re „Nutz­tie­re“ schlacht­reif gemäs­tet und Gül­le und soge­nann­te Pflan­zen­schutz­mit­teln auf die Böden gebracht. Dass all die­se teils toxi­schen Stof­fe ein­schließ­lich Anti­bio­ti­ka- und Arz­nei­mit­tel-Rück­stän­den irgend­wann irgend­wie in die Gewäs­ser gelan­gen, ver­steht sich von selbst.

Anfra­ge der SBL/FW
Die SBL/FW frag­te daher mit Schrei­ben vom 10.04.2018 bei der Kreis­ver­wal­tung nach.
Klick:
http://sbl-fraktion.de/?s=Gew%C3%A4sser

Die auf den 24.04.2018 datier­te Ant­wort liegt jetzt vor. Wesent­li­ches dar­aus fas­sen wir hier kurz zusam­men. Danach folgt das kom­plet­te Ant­wort­schrei­ben des HSK.

Zusam­men­fas­sung:
• Hin­sicht­lich des Arten­reich­tums bzw. sei­ner Ver­rin­ge­rung bestehen kei­ne eige­nen Erkennt­nis­se (Ver­weis auf Daten des Lan­des NRW).

• Der öko­lo­gi­sche und che­mi­sche Zustand der Gewäs­ser im HSK ist ins­be­son­de­re in den Ober­läu­fen oft­mals gut.

• Eine aktu­el­le Ein­schät­zung zum öko­lo­gi­schen Zustand der Stau­seen im HSK ist nicht bekannt.

• Alle was­ser­wirt­schaft­li­chen Hand­lungs­fel­der ori­en­tie­ren sich an den Bewirtschaftungszielen.

• Das Land NRW för­dert Maß­nah­men zur Ver­bes­se­rung der Qua­li­tät von Fließ­ge­wäs­sern mit bis zu 80 % der ansatz­fä­hi­gen Kosten.

• Der HSK berät die Städ­te- und Gemein­de­ver­wal­tun­gen bei der Pro­jek­tie­rung von Maß­nah­men und führt was­ser­recht­li­che Zulas­sungs­ver­fah­ren durch.

• Mel­dun­gen über Gewäs­ser­ver­un­rei­ni­gun­gen und Fisch­ster­ben errei­chen die Was­ser­be­hör­de des HSK in der Regel über die Leit­stel­le des HSK.

• Die PFC-Fracht der Gewäs­ser konn­te durch die Min­de­rung von PFC-hal­ti­gen Pro­duk­ti­ons­mit­teln deut­lich redu­ziert werden.

• Mikro­schad­stof­fe wie Medi­ka­men­ten­rück­stän­de kön­nen der­zeit nicht sicher aus dem Abwas­ser besei­tigt wer­den. Die Klär­an­la­gen im HSK ver­fü­gen alle­samt nicht über die dafür erfor­der­li­che zusätz­li­che 4. Reinigungsstufe.

Das kom­plet­te Ant­wort­schrei­ben der Kreisverwaltung:
Fra­ge 1: Wel­che Erkennt­nis­se hat der Hoch­sauer­land­kreis hin­sicht­lich des Arten­reich­tums von Tier- und Pflan­zen­welt in Fließ­ge­wäs­sern und Seen und Tei­chen? Hat sich die Anzahl der Tie­re und Pflan­zen redu­ziert? Wenn ja, in wel­chem Maße?
Ant­wort des HSK: „Der Hoch­sauer­land­kreis hat dies­be­züg­lich kei­ne eige­nen Erkennt­nis­se. Die Über­wa­chung und die Aus­wer­tung von Daten zur Arten­viel­falt in den ober­ir­di­schen Gewäs­sern oblie­gen dem Land NRW (LANUV, Bezirks­re­gie­run­gen) nach Maß­ga­be der in der Ober­flä­chen­ge­wäs­ser­ver­ord­nung für die jewei­li­gen Qua­li­täts­kom­po­nen­ten fest­ge­leg­ten Metho­den und Kri­te­ri­en. Das Land NRW führt zur Daten­er­he­bung ein lan­des­wei­tes Moni­to­ring an den berichts­pflich­ti­gen Gewäs­sern (>10 km² Ein­zugs­ge­biet) durch. Das Ergeb­nis des lan­des­wei­ten Moni­to­rings schlägt sich nie­der im Bewirt­schaf­tungs­plan für die nord­rhein-west­fä­li­schen Antei­le an den Fluss­ge­biets­ein­hei­ten Rhein, Weser, Ems und Maas, der in Abstän­den von sechs Jah­ren auf­zu­stel­len und fort­zu­schrei­ben ist. In den soge­nann­ten Pla­nungs­ein­hei­ten­steck­brie­fen wer­den die Bewer­tun­gen des öko­lo­gi­schen und che­mi­schen Zustands ent­spre­chend der ermit­tel­ten Zustands­klas­sen dar­ge­stellt (Fund­stel­le: https://www.flussgebiete.nrw.de/planungseinheiten-steckbriefe-2016–2021-5696). Wenn bei­spiels­wei­se das Qua­li­täts­merk­mal „Fische“ mit mäßig beur­teilt wur­de, sagt das noch nichts aus über die Zusam­men­set­zung der Fisch­ar­ten in dem Was­ser­kör­per. Es ist dar­aus nicht ohne wei­te­res ableit­bar, ob das Feh­len einer Ziel­art‚ einer Begleit­art oder die Indi­vi­du­en­dich­te und deren Alters­struk­tur für die Ein­stu­fung maß­geb­lich sind. Ob und inwie­weit sich die Anzahl der Tie­re und Pflan­zen redu­ziert hat, ist hier nicht bekannt.“

Fra­ge 2: Gibt es Anzei­chen und Hin­wei­se, die für eine Ver­rin­ge­rung der Arten­viel­falt sprechen?
Wenn ja, wel­che Tier- und Pflan­zen­ar­ten in und um die Flüs­se, Bäche und ande­ren Gewäs­sern sind sel­te­ner gewor­den oder sogar nicht mehr nachweisbar?
Ant­wort des HSK: „Hier­zu lie­gen kei­ne Erkennt­nis­se vor.“

Fra­ge 3: Gibt es Ihres Wis­sens im HSK noch Fließ­ge­wäs­ser, in denen noch die Gemein­schaf­ten aus Fischen, Pflan­zen und Klein­tie­ren leben, die man dort eigent­lich vor­fin­den müss­te? Wenn ja, welche?
Ant­wort des HSK: „Auch hier gilt: Die Pla­nungs­ein­hei­ten­steck­brie­fe ver­mit­teln einen zuver­läs­si­gen Ein­druck über den öko­lo­gi­schen und che­mi­schen Zustand der Gewäs­ser im Hoch­sauer­land­kreis. Im Hoch­sauer­land­kreis ist der öko­lo­gi­sche und che­mi­sche Zustand der Was­ser­kör­per (Gewäs­ser) ins­be­son­de­re in den Ober­läu­fen oft­mals gut. Auf eine Auf­zäh­lung der Was­ser­kör­per wird mit Blick auf deren Anzahl (30) und die ange­ge­be­ne Fund­stel­le verzichtet.“

Fra­ge 4: Wie ist die öko­lo­gi­sche Ver­fas­sung von Seen und Stau­seen? Wie vie­le und wel­che gel­ten in die­ser Hin­sicht als gut, unbe­frie­di­gend und als schlecht?
Ant­wort des HSK: „In Nord­rhein-West­fa­len gibt es nur zwei natür­lich ent­stan­de­ne Seen (Still­ge­wäs­ser), deren Flä­che grö­ßer als 50 ha ist und die inso­weit berichts­re­le­vant sind. Die übri­gen Seen in Nord­rhein-West­fa­len sind erheb­lich ver­än­der­te Fließ­ge­wäs­ser (Tal­sper­ren) oder künst­lich ent­stan­den (Abgra­bungs­seen). lm Grund­satz ist für die­se Gewäs­ser eben­falls eine Bewer­tung des öko­lo­gi­schen Zustands bzw. des öko­lo­gi­schen Poten­zi­als sowie des che­mi­schen Zustands vor­zu­neh­men. Für die Beur­tei­lung des öko­lo­gi­schen Zustands der Seen wer­den die Lebens­ge­mein­schaf­ten des Phy­to­plank­tons und der Makro­phy­ten unter­sucht. Eine aktu­el­le Ein­schät­zung zum öko­lo­gi­schen Poten­zi­al der Tal­sper­ren im HSK ist nicht bekannt. Die Zustän­dig­keit für das Moni­to­ring und die Zustands­be­wer­tung obliegt dem Land NRW.“

Fra­ge 5: Wie unter­stützt und über­wacht der Hoch­sauer­land­kreis ggf. ein­schlä­gi­ge Maßnahmen?
Ant­wort des HSK: „Prin­zi­pi­ell ori­en­tie­ren sich alle was­ser­wirt­schaft­li­chen Hand­lungs­fel­der an den Bewirt­schaf­tungs­zie­len. Zulas­sungs­ver­fah­ren für Ein­lei­tun­gen in Gewäs­ser, für Ent­nah­men aus Gewäs­sern oder bau­li­che Ver­än­de­run­gen an Gewäs­sern müs­sen sich an den Bewirt­schaf­tungs­zie­len ori­en­tie­ren und ggfs. auch den im Maß­nah­men­pro­gramm fest­ge­leg­ten Hand­lungs­fel­dern Rech­nung tra­gen. Dies gilt auch für den Bereich der gewäs­ser­auf­sicht­li­chen Maßnahmen.“

Fra­ge 6: Gab es Ihres Wis­sens in den letz­ten 10 Jah­ren Hil­fe und Unter­stüt­zung von Land, Bund und ande­ren Kos­ten­trä­gem zum nach­hal­ti­gen Schutz von frei flie­ßen­den Gewäs­sern? Wenn ja, welche?
Ant­wort des HSK: „Das Land NRW för­dert Maß­nah­men zur struk­tu­rel­len und öko­lo­gi­schen Ver­bes­se­rung von Fließ­ge­wäs­sern seit vie­len Jah­ren mit bis zu 80 % der ansatz­fä­hi­gen Kos­ten. Hier­von haben die Städ­te und Gemein­den im Hoch­sauer­land­kreis bei der Umset­zung von Rena­tu­rie­rungs­maß­nah­men wesent­lich pro­fi­tiert. Aktu­ell erfolgt die För­de­rung auf der Grund­la­ge der Richt­li­nie für die För­de­rung von Maß­nah­men der Was­ser­wirt­schaft für das Hoch­was­ser­ri­si­ko­ma­nage­ment und zur Umset­zung der Euro­päi­schen Was­ser­rah­men­richt­li­nie vom 11.04.2017. Geför­dert wer­den danach über­re­gio­na­le Pla­nun­gen, Moni­to­ring und Unter­su­chun­gen. was­ser­bau­li­che Maß­nah­men zur öko­lo­gi­schen Gewäs­ser­ent­wick­lung oder zur Ver­bes­se­rung der Gewäs­ser­durch­gän­gig­keit sowie die Flä­chen­be­reit­stel­lung (Grund­er­werb) für der­ar­ti­ge was­ser­bau­li­che Maßnahmen.“

Fra­ge 7: In wel­cher Form unter­stützt der HSK die Städ­te und Gemein­den bei ihren viel­fäl­ti­gen Auf­ga­ben zur „Erhal­tung und För­de­rung der öko­lo­gi­schen Funk­ti­ons­fä­hig­keit des Gewäs­sers ins­be­son­de­re als Lebens­raum für Tie­re und Pflan­zen”? Wie läuft das in der Pra­xis? Erhält der HSK z.B. von den Kom­mu­nen Hin­wei­se auf ver­mu­te­te Gewäs­ser­ver­un­rei­ni­gung oder unge­wöhn­li­ches Fischsterben?
Ant­wort des HSK: „Die Was­ser­be­hör­de des Hoch­sauer­land­krei­ses berät die Städ­te und Gemein­den bei der Pro­jek­tie­rung von Maß­nah­men und führt schluss­end­lich die dafür not­wen­di­gen was­ser­recht­li­chen Zulas­sungs­ver­fah­ren durch. Neben grö­ße­ren Rena­tu­rie­rungs­maß­nah­men wer­den Möglichkeiten
für klein­räu­mi­ge Gewäs­ser­ent­wick­lung­maß­nah­men oft­mals im Rah­men von Gewäs­ser­schau­en erkannt und anschlie­ßend gemein­sam mit den Kom­mu­nen zur Umset­zungs­rei­fe gebracht. Es hat sich gezeigt, dass die vor­han­de­nen „kumen Wege” zwi­schen Gemein­de- und Kreis­ver­wal­tung bei die­sen Pro­jek­ten sehr hilf­reich sind.
Gewäs­ser­ver­un­rei­ni­gun­gen lösen regel­mä­ßig Vor­ort­ein­sät­ze von Mit­ar­bei­tern im Rah­men des Umwelt­alarms aus. Mel­dun­gen über Gewäs­ser­ver­un­rei­ni­gun­gen errei­chen die Was­ser­be­hör­de in aller Regel über die Leit­stel­le des HSK oder auch gele­gent­lich über unmit­tel­ba­re tele­fo­ni­sche Mit­tei­lun­gen. Glei­ches gilt für ein Fischsterben.“

Fra­ge 8: Wel­che Erfol­ge hin­sicht­lich der öko­lo­gi­schen Was­ser­qua­li­tät wur­den mit dem durch das Land NRW im Jahr 2008 auf­ge­leg­ten Pro­gramm „Rei­ne Ruhr“ bezo­gen auf unser Kreis­ge­biet erreicht?
Ant­wort des HSK: „Mit Blick auf die PFC-Pro­ble­ma­tik sind hin­sicht­lich des che­mi­schen Zustands der Fließ­ge­wäs­ser deut­li­che Erfol­ge zu ver­zeich­nen. Über­wie­gend durch Ersatz/​Minderung der PFC-hal­ti­gen Pro­duk­ti­ons­mit­tel durch PFC-freie bzw. PFC-redu­zier­te Pro­duk­ti­ons­mit­tel (ins­be­son­de­re gal­va­ni­sche Betrie­be) konn­te in den betrof­fe­nen Gewäs­sern der PFC-Gehalt bzw. die PFC-Fracht deut­lich redu­ziert wer­den (in NRW von 2007–2011 von ca. 80 kg/​a auf ca. 18 kg/​a).
Die im Ruhr­ein­zugs­ge­biet gele­ge­nen Klär­an­la­gen im HSK sind bis­lang nicht mit einer zusätz­li­chen Rei­ni­gungs­stu­fe aus­ge­rüs­tet wor­den, um auch Mikro­schad­stof­fe (z.B. Medi­ka­men­ten­rück­stän­de) wirk­sam und sicher aus dem Abwas­ser zu besei­ti­gen. Für die Nach­rüs­tung der Klär­an­la­gen mit einer soge­nann­ten 4. Rei­ni­gungs­stu­fe besteht auf­grund feh­len­der gesetz­li­cher Vor­ga­ben kei­ne Rechts­pflicht. Der Ruhr­ver­band betreibt eine Groß­ver­suchs­an­la­ge auf der Klär­an­la­ge Schwerte.“

PM der Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)