Land­rat will anschei­nend Emp­feh­lun­gen der Här­te­fall­kom­mis­si­on ignorieren

23. März 2017
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis.

Beim Innen­mi­nis­te­ri­um des Lan­des NRW besteht für Flücht­lings­an­ge­le­gen­hei­ten eine Här­te­fall­kom­mis­si­on. Ihr gehö­ren 9 Per­so­nen an, dar­un­ter 2 Mit­ar­bei­te­rin­nen des Minis­te­ri­ums und der Lei­ter einer loka­len Aus­län­der­be­hör­de. “Seit dem 01. Janu­ar 2005 wur­de in annä­hernd 2.000 Ver­fah­ren die Här­te­fall­kom­mis­si­on ange­ru­fen, um die auf­ent­halts­recht­li­che Situa­ti­on zu ver­bes­sern. In etwa zwan­zig Pro­zent der bera­te­nen Fäl­le sah sich die Här­te­fall­kom­mis­si­on nach Abwä­gung aller für und gegen ein Antrags­be­geh­ren spre­chen­den Grün­de in der Lage, wegen des beson­ders gela­ger­ten Ein­zel­fal­les ein Ersu­chen an die Aus­län­der­be­hör­de zu rich­ten. Die­sem Ersu­chen sind die Aus­län­der­be­hör­den in der Regel gefolgt. Dadurch konn­te den Betrof­fe­nen eine Zukunfts­per­spek­ti­ve gege­ben werden.”
Nähe­res zu Auf­trag und Arbeit die­ser Kom­mis­si­on steht hier: http://​www​.mik​.nrw​.de/​t​h​e​m​e​n​-​a​u​f​g​a​b​e​n​/​a​u​s​l​a​e​n​d​e​r​f​r​a​g​e​n​/​h​a​e​r​t​e​f​a​l​l​k​o​m​m​i​s​s​i​o​n​.​h​tml

Bis­her gab es kei­nen Zwei­fel dar­an, dass wäh­rend eines lau­fen­den Här­te­fall­an­tra­ges kei­ne Abschie­bung erfolgt. Dies hat sich nun geän­dert: Mit­te Janu­ar wur­de die fünf­köp­fi­ge Fami­lie Quni aus Rams­beck in der Nacht von etwa einem Dut­zend Beam­ten aus den Bet­ten geholt und nach Alba­ni­en abge­scho­ben, trotz des noch lau­fen­den Härtefallverfahrens.

Die­sen Vor­fall nahm die SBL/FW-Kreis­tags­frak­ti­on zum Anlass, für die Kreis­tags­sit­zung am 24.03.2017 den Beschluss einer Reso­lu­ti­on zu beantragen:
“Der Kreis­tag for­dert den Land­rat auf,
1. wenn die Kreis­ver­wal­tung von einem gestell­ten Här­te­fall­an­trag Kennt­nis hat, wäh­rend des lau­fen­den Här­te­fall­an­tra­ges die Per­son, für die die­ser Antrag gestellt wur­de, nicht ab-zuschie­ben (wie vom Land­rat in der Kreis­tags­sit­zung am 04.03.2016 zugesagt);
2. alle Emp­feh­lun­gen der Här­te­fall­kom­mis­si­on anzu­er­ken­nen und anzuwenden.“

Die Ver­wal­tung hat dazu die Druck­sa­che 9/717 erstellt, und nun ist ‘die Kat­ze aus dem Sack’! Der Land­rat und das Aus­län­der­amt beab­sich­ti­gen offen­sicht­lich, Beschlüs­se der Här­te­fall­kom­mis­si­on in der Regel nicht mehr zu beach­ten. Denn für eine wei­te­re Betrach­tung des Fal­les sind “u.a.” die fol­gen­den 5 Kri­te­ri­en relevant:
“- Es müs­sen beson­de­re Umstän­de vor­lie­gen, die den Fall von der Mehr­zahl der aus­rei­se­pflich­ti­gen Per­so­nen abheben.
– Ziel­staats­be­zo­ge­ne Grün­de blei­ben unbe­rück­sich­tigt, da eine abschlie­ßen­de Ent­schei­dung dem BAMF obliegt.
– Der Lebens­un­ter­halt ist durch eige­ne Erwerbs­tä­tig­keit der­zeit und per­spek­ti­visch sicherzustellen.
– Ent­spre­chend der Auf­ent­halts­dau­er wird eine Inte­gra­ti­on in die Lebens­ver­hält­nis­se im Bun­des­ge­biet erwar­tet. Hier­zu gehö­ren u.a. Sprach­kennt­nis­se, regel­mä­ßi­ger Schul­be­such der schul­pflich­ti­gen Kinder.
– Straf­recht­li­che Ver­ur­tei­lun­gen von ins­ge­samt bis zu 50 Tages­sät­zen oder bis zu 90 Tages­sät­zen wegen auf­ent­halts­recht­li­cher Straf­ta­ten blei­ben außer Betracht.” (Anmer­kung: Von einem hie­si­gen Amts­ge­richt ist ein sol­ches Straß­maß allei­ne des­we­gen ver­hängt wor­den, weil ein Flücht­ling “ille­gal” ein­ge­reist ist. Was hät­te es denn sonst tun sollen??)

Bei eini­gen die­ser Kri­te­ri­en gibt es einen sehr wei­ten Beur­tei­lungs­spiel­raum. Ob die­ser zu Guns­ten der Flücht­lin­ge gese­hen wird, darf bezwei­felt werden…

Hin­zu kommt, dass es als Aus­schluss­grund betrach­tet wird, wenn zum Zeit­punkt des Ein­gangs des Här­te­fall­an­trags der Ter­min einer “Rück­füh­rung” bereits fest­steht. Laut Aus­sa­ge der Kreis­ver­wal­tung sei der Flug­ter­min für Fami­lie Quni bereits mehr als drei Mona­te im vor­aus fest­ge­legt worden…

PM der Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)