Land­rat im vir­tu­el­len Büßerhemd

30. August 2014
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis. Meschede.

In der Kreis­tags­sit­zung am 29. August ging es auch um die Geneh­mi­gung einer Dring­lich­keits­ent­schei­dung, und zwar über die Ver­ga­be der Schü­ler­fahr­ten zu den kreis­ei­ge­nen För­der­schu­len. Für die­se Schu­len sind spe­zi­el­le Bus­li­ni­en ein­ge­rich­tet, die die Schü­ler abho­len und wie­der nach Hau­se brin­gen. Für 5 der 7 För­der­schu­len stand jetzt die Ver­ga­be für die nächs­ten 5 Schul­jah­re an, im 57 ein­zel­nen Losen. Bereits am 30. April war die Sub­mis­si­on (Offen­le­gung der Ange­bo­te) erfolgt. Am 6. Juni geneh­mig­ten der Land­rat und ein wei­te­res Kreis­tags­mit­glied per Dring­lich­keits­ent­schei­dung die Ver­ga­be­vor­schlä­ge der Kreisverwaltung.

Für Ver­ga­be­ent­schei­dun­gen mit einem Volu­men von mehr als 750.000 Euro ist aber der Kreis­tag selbst zustän­dig. Falls des­sen Ein­be­ru­fung aus zeit­li­chen Grün­den nicht mög­lich ist, dann ist der (klei­ne­re) Kreis­aus­schuss gesetz­lich zustän­dig. Und nur in den ganz eng begrenz­ten Aus­nah­me­fäl­len, falls sogar der Kreis­aus­schuss nicht mehr ein­be­ru­fen wer­den kann und außer­dem dem Kreis schwe­rer wirt­schaft­li­cher Scha­den droht, darf eine Dring­lich­keits­ent­schei­dung getrof­fen wer­den, durch den Land­rat und ein wei­te­res Kreis­tags­mit­glied. Dann aber muss der Kreis­tag in sei­ner nächs­ten Sit­zung die­se Ent­schei­dung genehmigen.

Das ist bei der Ver­ga­be der Schü­ler­fahr­ten völ­lig schief gegan­gen. Die Not­wen­dig­keit einer Dring­lich­keits­ent­schei­dung bestand hier nicht, denn das Ver­ga­be­ver­fah­ren war seit lan­ger Zeit plan­bar. Und es wäre aus­rei­chend Zeit gewe­sen, für die Ver­ga­be­ent­schei­dung die 16 Mit­glie­der des Kreis­aus­schus­ses zu einer Sit­zung ein­zu­la­den. Immer­hin geht es – wie dem Kreis­haus­halt zu ent­neh­men ist – um mehr als 1 Mio Euro pro Jahr, bei einer Ver­ga­be über 5 Jah­re also um mehr als 5 Mio Euro. Es kam noch schlim­mer: Nach Dring­lich­keits­ent­schei­dung am 6. Juni unter­blieb die gesetz­lich erfor­der­li­che Unter­rich­tung und Betei­li­gung des Kreis­tags in des­sen nächs­ter Sit­zung am 27. Juni. Die­se erfolg­te erst in der über­nächs­ten Sit­zung am 29. August, nach fast drei Mona­ten. Bei der Durch­füh­rung des Ver­fah­rens haben also die zustän­di­ge Amts­lei­te­rin und die Lei­tung der Kreis­ver­wal­tung völ­lig versagt.

Immer­hin gestand der Land­rat in der Kreis­tags­sit­zung ein, dass hier Feh­ler pas­siert sind und sich so etwas nicht wie­der­ho­len soll­te: Wenn er ein Büßer­hend besä­ße, hät­te er es heu­te ange­zo­gen. Die SBL hat­te wegen der dras­ti­schen Män­gel eine Ände­rung der Geschäfts­ord­nung bean­tragt, mit der Dring­lich­keits­ent­schei­dun­gen deut­lich erschwert und die Infor­ma­ti­ons­pflich­ten gegen­über dem Kreis­tag ver­bes­sert wer­den soll­ten. Sogar die SPD-Frak­ti­on übte zag­haf­te Kri­tik am Ablauf; ein sel­te­nes Ereig­nis. Man einig­te sich schließ­lich dar­auf den Vor­schlag des Land­rats anzu­neh­men, dass Land­rat und Kreis­ver­wal­tung zur nächs­ten Kreis­tags­sit­zung Vor­schlä­ge zur Ände­rung der bis­he­ri­gen Abläu­fe vorlegen.

Ein wei­te­res sehr gro­ßes Pro­blem sind die Wer­tun­gen der in die­sem Ver­fah­ren ein­ge­gan­ge­nen Ange­bo­te und die dar­aus ent­stan­de­nen Ver­ga­be­ent­schei­dun­gen. Immer­hin geht es hier sowohl um sehr viel Geld für den Kreis als auch um eine ordent­li­che Ent­loh­nung der Mit­ar­bei­ter der Bus­un­ter­neh­men. Je ein Kreis­tags­mit­glied der SBL und der Lin­ken stell­ten bei einer Akten­ein­sicht am 19. Juli im Ver­ga­be­amt der Kreis­ver­wal­tung ekla­tan­te und bis­her unvor­stell­ba­re Män­gel fest. Ein­zel­hei­ten kön­nen wir hier nicht berich­ten, da die Ver­ga­be­an­ge­le­gen­hei­ten nicht­öf­fent­li­che The­men sind. Eine am fol­gen­den Tag von den bei­den Kreis­tags­mit­glie­dern ein­ge­brach­te schrift­li­che Anfra­ge an den Land­rat, die etwas Licht in die Ange­le­gen­heit brin­gen soll­te, wur­de vom Land­rat bis zur Krei­tags­sit­zung nicht beant­wor­tet; über die Nicht­be­ant­wor­tung wur­den die Fra­ge­stel­ler erst nach 9 Tagen, direkt vor der Kreis­tags­sit­zung, infor­miert. Es bleibt also noch sehr viel Klä­rungs­be­darf, und die Ange­le­gen­heit wird die Gre­mi­en des Krei­ses noch öfters beschäf­ti­gen. Und der Ein­druck liegt nahe, dass die zustän­di­ge Amts­lei­te­rin nicht nur beim for­ma­len Ablauf der Ent­schei­dung (s.o.), son­dern auch bei der Wer­tung der in die­sem Ver­fah­ren ein­ge­gan­ge­nen Ange­bo­te hoff­nungs­los über­for­dert sein könn­te. Das könn­te auf Dau­er für den Kreis und somit für uns alle sehr teu­er werden…

Quel­le: Sauer­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)