Kurz­in­fo zu “Stop TTIP”

7. Mai 2016
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis.

An einem Stand der Bri­lo­ner Bür­ger-Lis­te wur­de am 23.04.2016 – par­al­lel zur gro­ßen Demo in Han­no­ver – ein Flug­blatt mit fol­gen­dem Inhalt ver­teilt. Es ist noch vor der Ver­äf­fent­li­chung von Green­peace Nie­der­lan­de entstanden.

Die­se Kurz­in­fo fasst die wich­tigs­ten Grün­de gegen TTIP und CETA zusam­men und erklärt, war­um sie eine Bedro­hung für so vie­le wich­ti­ge Errun­gen­schaf­ten sind – in weni­ger als fünf Minu­ten. Los geht’s:
Die EU plant, bald zwei weit­rei­chen­de Han­dels­ab­kom­men zu unter­zeich­nen: Eines mit Kana­da (CETA = Umfas­sen­des Wirt­schafts- und Han­dels­ab­kom­men) und eines mit den USA (TTIP = Trans­at­lan­ti­sche Han­dels- und Inves­ti­ti­ons­part­ner­schaft). Offi­zi­ell geht es dar­um, neue Arbeits­plät­ze zu schaf­fen und das Wirt­schafts­wachs­tum zu för­dern. Es ist aber sehr viel wahr­schein­li­cher, dass nur gro­ße Kon­zer­ne von die­sen Abkom­men pro­fi­tie­ren wer­den – auf Kos­ten der Bür­ger. War­um? Hier sind die wich­tigs­ten Gründe:
Inves­to­ren wer­den Staa­ten ver­kla­gen können. 
Das soge­nann­te Inves­tor-Sta­te-Dis­pu­te-Sett­le­ment (ISDS, Schiedsgerichts¬verfahren zur Bei­le­gung von Strei­tig­kei­ten zwi­schen Inves­to­ren und Staa­ten) – selbst in sei­ner neu­en Ver­pa­ckung als „Invest­ment Court Sys­tem“ (ICS, Inves­ti­ti­ons­ge­richts­hof) – gesteht aus­län­di­schen Inves­to­ren das Recht zu, euro­päi­sche Staa­ten zu ver­kla­gen, wenn sie der Ansicht sind, dass Geset­ze oder sons­ti­ge Maß­nah­men der EU oder einer ihrer Mit­glieds­sta­ten ihre Inves­ti­tio­nen geschä­digt und ihren erwar­te­ten Gewinn geschmä­lert haben. Dies wird auch Geset­ze und Maß­nah­men beein­flus­sen, die im Sin­ne des Gemein­wohls erlas­sen wur­den, z.B. zum Umwelt­schutz und Verbraucherschutz.
Unter­neh­men wer­den ein­ge­la­den, an neu­en Geset­zen mitzuschreiben.
Die soge­nann­te „Regu­la­to­ri­sche Koope­ra­ti­on“ wird es den Ver­tre­tern gro­ßer Fir­men und Büro­kra­ten von bei­den Sei­ten des Atlan­tiks erlau­ben, auf Gesetz¬entwürfe in Exper­ten­grup­pen Ein­fluss zu neh­men, schon bevor die­se in gewähl­ten Par­la­men­ten dis­ku­tiert wur­den. Dies unter­gräbt die Demokratie!
Groß­un­ter­neh­men haben über­mä­ßi­gen Ein­fluss auf die Geheim­ver­hand­lun­gen zu CETA und TTIP.
Bei 92% aller Tref­fen, die die EU-Kom­mis­si­on mit Inter­es­sen­ver­tre­tern im Vor­feld der TTIP-Ver­hand­lun­gen durch­führ­te, wur­den ledig­lich Fir­men­ver­tre­ter gehört. Nur in sehr weni­gen Fäl­len wur­den Ver­brau­cher­schüt­zer und Gewerk­schafts­ver­tre­ter ein­ge­la­den, um ihre Stand­punk­te vor­zu­tra­gen. Der Ein­fluss der Unter­neh­men setzt sich in den Ver­hand­lun­gen fort: Selbst eini­ge For­mu­lie­run­gen in durch­ge­si­cker­ten Ent­wurfstex­ten stam­men unmit­tel­bar von Firmenlobbyisten.
Die Ver­hand­lun­gen wer­den im Gehei­men geführt. 
Unse­re Volks­ver­tre­ter wis­sen wenig über deren Fort­gang, und der Öffent­lich­keit ist es nicht gestat­tet, irgend­wel­che Tex­te der offi­zi­el­len Abkom­men vor Ende der Ver­hand­lun­gen ein­zu­se­hen. Par­la­men­ta­ri­ern ist es ledig­lich erlaubt, die­se lan­gen juris­ti­schen Tex­te (das CETA-Abkom­men bei­spiels­wei­se umfasst etwa 1500 Sei­ten) in spe­zi­el­len Lese­räu­men ohne Exper­ten­un­ter­stüt­zung zu lesen, und es ist ihnen unter­sagt, die Öffent­lich­keit über das zu infor­mie­ren, was sie gele­sen haben. Sind die Ver­hand­lun­gen dann abge­schlos­sen, bleibt ihnen ledig­lich, die Ver­ein­ba­run­gen zu akzep­tie­ren oder abzu­leh­nen, ohne die Mög­lich­keit, Ände­run­gen einzufordern.
Die Stan­dards bezüg­lich der Qua­li­tät von Lebens­mit­teln und des Ver­brau­cher­schut­zes könn­ten abge­schwächt werden.
Durch die Anglei­chung der Vor­schrif­ten, auf die TTIP hin­zielt, sind die euro¬päischen Stan­dards gefähr­det, denn US-Stan­dards sind oft wesent­lich nied­ri­ger. Zudem möch­te die US-Sei­te, dass die EU ihren Ansatz bei der Risi­ko­be­wer­tung aner­kennt, wel­cher es erlau­ben wür­de, ein jeg­li­ches Pro­dukt in den Ver­kehr zu brin­gen, bis der Staat den Beweis erbrin­gen kann, dass es schäd­lich ist. Bis­lang müs­sen in Euro­pa Fir­men die Unschäd­lich­keit ihrer Pro­duk­te bele­gen, bevor sie die­se auf den Markt brin­gen dürfen.
Arbeit­neh­mer­rech­te und Arbeits­plät­ze sind in Gefahr.
Die USA wei­gern sich nach wie vor, ele­men­ta­re Arbeit­neh­mer­rech­te anzu¬erkennen (sie haben nur zwei der acht Kern­ar­beits­nor­men der ILO rati­fi­ziert), und die durch TTIP her­vor­ge­ru­fe­ne „Abwärts­spi­ra­le“ könn­te auch zu einer Gefahr für die Rech­te von Beschäf­tig­ten in der EU wer­den. Zudem könn­te eine Ver­schär­fung der Kon­kur­renz von außer­halb zu mas­si­ven Arbeits­platz­ver­lus­ten füh­ren. Einer Stu­die der Tufts Uni­ver­si­ty (USA) zufol­ge könn­ten 600.000 Arbeits­plät­ze durch TTIP ver­lo­ren gehen.
Euro­päi­sche Län­der kämen unter Druck, Hoch­ri­si­ko-Tech­no­lo­gien wie Fracking oder Gen­tech­nik zuzulassen. 
Als Bestand­teil von TTIP und/​oder CETA könn­ten Fir­men das Recht bekom­men, Regie­run­gen vor Schieds­ge­rich­ten zu ver­kla­gen, falls die­se Hoch­ri­si­ko­tech­no­lo­gien ein­schrän­ken oder ver­bie­ten. Im Jahr 2013 reich­te die Öl- und Gas­fir­ma Lone PIne eine 250-Mil­lio­nen-Dol­lar-Kla­ge gegen Kana­da ein, nach­dem der Staat Que­bec ein Memo­ran­dum zum Fracking erlas­sen hat­te. TTIP und CETA wer­den den Weg für eine ste­tig zuneh­men­de Zahl sol­cher Kla­gen ebnen.
CETA und TTIP wer­den bestehen­de Ungleich­hei­ten wei­ter vergrößern. 
Die bereits jetzt Wohl­ha­ben­den wer­den am meis­ten von CETA und TTIP pro­fi­tie­ren. Trans­na­tio­na­le Groß­kon­zer­ne wer­den noch mehr Vor­tei­le gegen­über klei­nen und mitt­le­ren Unter­neh­men und den Bür­gern gewin­nen. Die Wirt­schafts­kri­se in der EU könn­te sich noch ver­schär­fen, da die wett¬bewerbsfähigsten Staa­ten vom poten­ti­el­len BIP-Wachs­tum mit Abstand am meis­ten pro­fi­tie­ren wer­den. Län­der in der Peri­phe­rie der EU, die bereits jetzt sehr abhän­gig von aus­län­di­schem Kapi­tal sind, wer­den wei­ter gute Jobs ver­lie­ren und weni­ger von nach­hal­ti­gen Invest­ments pro­fi­tie­ren. Glo­bal gese­hen wird die Ungleich­heit zwi­schen ent­wi­ckel­ten Län­dern und des Län­dern des glo­ba­len Südens wei­ter zuneh­men, was durch ver­schie­de­ne Stu­di­en belegt wur­de, die dra­ma­ti­sche BIP-Ver­lus­te und Job­ver­lus­te für Dritt­staa­ten pro­gnos­ti­ziert haben.
Libe­ra­li­sie­rung und Pri­va­ti­sie­rung wer­den zu Einbahnstraßen. 
CETA und TTIP wer­den es schwie­ri­ger machen – und viel­leicht sogar unmög­lich – Ver­sor­gungs­be­trie­be, Kran­ken­häu­ser oder die Müll­ab­fuhr wie­der in öffent­li­chen Besitz zurück­zu­füh­ren, nach­dem sie ein­mal pri­va­ti­siert wurden.
CETA und TTIP wol­len die Macht mul­ti­na­tio­na­ler Unter­neh­men auf Kos­ten der Demo­kra­tie und des Gemein­wohls stär­ken. Wir dür­fen nicht erlau­ben, dass es so weit kommt! Bit­te unter­stützt unse­re euro­päi­sche Initiative!
Zusam­men kön­nen wir TTIP und CETA stoppen!
Quel­le: https://​stop​-ttip​.org/​d​e​/​w​o​-​l​i​e​g​t​-​d​a​s​-​p​r​o​b​l​em/
PM der Sauer­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)