Kinds­tod in Mede­bach – SBL/FW stellt Antrag zur Sit­zung des Kreisjugendhilfeausschusses

24. Februar 2016
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis. Medebach.
Die Kreis­tags­frak­ti­on Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW) stell­te ges­tern an den Land­rat fol­gen­den Antrag für die Tages­ord­nung der nächs­ten Sit­zung des Kreisjugendhilfeausschusses:
„Antrag nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 22 der Geschäfts­ord­nung des Kreis­tags zur Auf­nah­me auf die Tages­ord­nung der Sit­zung des Kreis­ju­gend­hil­fe­aus­schus­ses am 09.03.2016
The­ma: Bericht über Siche­rung der Fach­lich­keit des Kreis­ju­gend­amts bei dro­hen­der Gefähr­dung des Kindeswohls
Sehr geehr­ter Herr Land­rat, sehr geehr­ter Herr Ausschussvorsitzender,
das Kreis­ju­gend­amt (KJA) steht seit Eröff­nung des Straf­ver­fah­rens beim Amts­ge­richt Mede­bach gegen die Mut­ter eines vor zwei Jah­ren an Unter­ernäh­rung und Flüs­sig­keits­man­gel ver­stor­be­nen Klein­kin­des im Blick­punkt der Öffent­lich­keit. Das Ver­fah­ren gegen die Mut­ter ist noch nicht zu Ende. Es wur­de vom Amts­ge­richt Mede­bach an das Land­ge­richt Arns­berg ver­wie­sen. In sei­ner Begrün­dung für den Ver­wei­sungs­be­schluss führt das Amts­ge­richt u.a. aus, dass das Gericht die Schuld nicht allein bei der Kinds­mut­ter sieht, son­dern auch von einem „mas­si­ven behörd­li­chen Ver­sa­gen” aus­geht. Denn das Kreis­ju­gend­amt in Mesche­de sei beim Umzug der allein­er­zie­hen­den neun­fa­chen Mut­ter aus dem Vogt­land­kreis in den Raum Win­ter­berg vom frü­her zustän­di­gen Jugend­amt Plau­en detail­liert und vor­bild­lich über die Defi­zi­te in der Fami­lie infor­miert wor­den, etwa 8 Mona­te vor dem Tod des Kin­des und der erheb­li­chen Gefähr­dung eines wei­te­ren Klein­kin­des. U.a. stand in den Mit­tei­lun­gen, dass alle 9 Kin­der der Fami­lie Ernäh­rungs­män­gel auf­wie­sen und die Woh­nung ver­müllt gewe­sen war. Auch in ande­ren Berei­chen bestand erheb­li­cher Handlungsbedarf.
Die­se Infor­ma­tio­nen hät­ten nach Sozi­al­ge­setz­buch Anlass sein müs­sen, dass sich auch am neu­en Wohn­ort meh­re­re Fach­kräf­te des Jugend­am­tes mit der Fami­lie befas­sen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII: “Wer­den dem Jugend­amt gewich­ti­ge Anhalts­punk­te für die Gefähr­dung des Wohls eines Kin­des oder Jugend­li­chen bekannt, so hat es das Gefähr­dungs­ri­si­ko im Zusam­men­wir­ken meh­re­rer Fach­kräf­te ein­zu­schät­zen”). Doch das Kreis­ju­gend­amt befass­te sich offen­bar nur mit den Schul­pro­ble­men eines der älte­ren Kin­der, auf Hin­weis aus der Schu­le. Feh­len­de Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen und extre­me Unter­ernäh­rung der bei­den jüngs­ten Kin­der wur­den bei den Besu­chen, die zudem viel zu sel­ten statt­fan­den, offen­sicht­lich nicht registriert.
Die Ver­säum­nis­se sind gra­vie­rend. Wir hal­ten es für unwahr­schein­lich, dass die­ses „mas­si­ve behörd­li­che Ver­sa­gen“ eine Mit­ar­bei­te­rin des KJA allein zu ver­ant­wor­ten hat. Wich­tig ist es, dass sich der Kreis­ju­gend­hil­fe­aus­schuss mit den Abläu­fen und Kon­zep­ten im KJA befasst.
Daher bit­ten wir um einen Bericht, in dem u.a. Aus­kunft über fol­gen­de Sach­ver­hal­te gege­ben wer­den sollte:
1. Wel­che fach­li­che Beglei­tung gibt es für die SachbearbeiterInnen?
2. Wie sieht die kol­le­gia­le Fall­be­ra­tung aus? Wie wird die Ein­be­zie­hung meh­re­rer Fach­kräf­te gemäß § 8 SGB VIII gesichert?
3. Wie erfolgt die Siche­rung der Fach­lich­keit durch die Lei­tung des KJA? 4. In wel­chen Situa­tio­nen gibt es Super­vi­si­on für die SachbearbeiterInnen?
5. Wel­che stan­dar­di­sier­ten Abläu­fe gel­ten bei Kindeswohlgefährdung?
6. Wel­che Fluk­tua­tio­nen gab es bei den Sach­be­ar­bei­te­rIn­nen in den Außen­stel­len in den letz­ten drei Jahren?
7. Wie ist die Erreich­bar­keit des KJA in Not­fäl­len gesi­chert? Gab es in den letz­ten drei Jah­ren Situa­tio­nen, in denen das KJA nicht erreich­bar war?
8. Wel­che Infor­ma­tio­nen erhal­ten Pfle­ge­el­tern über ihnen neu zuge­wie­se­ne Pfle­ge­kin­der, bei Bereit­schafts­pfle­ge und bei Dauerpflege?
9. Wel­che Infor­ma­tio­nen gibt das KJA an ande­re Jugend­äm­ter wei­ter, wenn gefähr­de­te Kin­der in deren Zustän­dig­keit wechseln?
Mit freund­li­chen Grüßen
Rein­hard Loos
SBL-Fraktionssprecher”
PM der Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)