För­der­pro­jekt gegen Ärz­te­man­gel: Außer Spe­sen nichts gewesen?

11. Februar 2016
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis.
Das Projekt
Der Hoch­sauer­land­kreis und die Wirt­schafts­för­de­rungs­ge­sell­schaft des Hoch­sauer­land­krei­ses (WFG) set­zen sich inten­siv mit dem dro­hen­den Ärz­te­man­gel in unse­rem Land­kreis aus­ein­an­der. Die­se Bemü­hun­gen fin­det die Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW) erfreu­lich und richtig.
Die WFG hat­te vor eini­ger Zeit das Pro­jekt „Ärz­tin PLUS“ ein­ge­bracht, auch mit dem Ziel, die Gleich­stel­lung von Frau­en zu för­dern, indem attrak­ti­ve und fami­li­en­freund­li­che Arbeits­plät­ze ange­bo­ten wer­den. Für die­se Maß­nah­me wur­den För­der­mit­tel aus dem Euro­päi­schen Sozi­al­fond und Bun­des­mit­teln bewilligt.
Die Fördergelder
Wie der SBL-Frak­ti­ons­spre­cher Rein­hard Loos kürz­lich auf­grund sei­ner Nach­fra­ge im Aus­schuss für Wirt­schaft, Struk­tur und Tou­ris­mus nach­träg­lich aus einer Anla­ge zum Pro­to­koll der Aus­schuss­sit­zung erfuhr, sind für die Wirt­schafts­för­de­rungs­ge­sell­schaft und damit für den HSK wesent­lich höhe­re Kos­ten für die Durch­füh­rung des För­der­pro­jekts ent­stan­den als geplant. Der ursprüng­li­che Bewil­li­gungs­be­scheid für die För­der­gel­der wur­de teil­wei­se wider­ru­fen mit der Begrün­dung, dass die Zie­le des Pro­jekts nicht voll­stän­dig erreicht wor­den sind.
Die SBL-Anfrage
Mitt­ler­wei­le ist das Pro­jekt „Ärz­tin PLUS“ abge­schlos­sen. Über die Ergeb­nis­se gibt es bis­her aus dem Kreis­haus kaum Infor­ma­tio­nen. Daher rich­te­te sich die SBL-Kreis­tags­frak­ti­on am 19.01.2016 mit fol­gen­den Fra­gen an Land­rat Dr. Karl Schneider:

  1. Wel­che Zie­le wur­den mit dem För­der­pro­jekt „Ärz­tin PLUS“ erreicht?
  2. Wel­che Zie­le wur­den nicht erreicht? War­um wur­den die­se Zie­le nicht erreicht?
  3. Wel­che nach­hal­ti­gen Aus­wir­kun­gen hat das Pro­jekt jetzt?
  4. Wofür sind die Kos­ten von ins­ge­samt 188,1 TEu­ro entstanden?
  5. Wie und wann wur­den die Gre­mi­en des HSK bis­her über die für den Kreis durch die Hal­bie­rung des För­der­an­teils ent­stan­de­nen Mehr­kos­ten und die nicht ganz gelun­ge­ne Pro­jekt­durch­füh­rung informiert?

 
Die Antwort
Mit Datum vom 28.01.2016 ant­wor­te­te die Ver­wal­tung bzw. die WFG.
Das Ergeb­nis in Kurzfassung:
Die inten­si­ven Bemü­hun­gen der WFG blie­ben weit­ge­hend ergeb­nis­los, u.a. auf­grund der unter­schied­lich lan­gen Abstim­mungs­be­dar­fe und ‑pro­zes­se der Kran­ken­häu­ser. Schade!
Die Folge:
Der Bewil­li­gungs­be­scheid für das Pro­jekt wur­de teil­wei­se wider­ru­fen. Die För­de­rung wur­de gekürzt. In Sachen Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf gibt es also im Hoch­sauer­land­kreis offen­bar kei­ne erkenn­ba­ren Fort­schrit­te. Schade!
Die Ant­wort komplett:
„Ihre Anfra­ge gern. § 11 GeschO für den Kreis­tag des Hochsauerlandkreises;
hier: För­der­ver­fah­ren „Ärz­tin PLUS”, Anfra­ge vom 19.01.2016 
Sehr geehr­ter Herr Loos,
zu Ihrer o.g. Anfra­ge neh­me ich wie folgt Stellung:

  1. Wel­che Zie­le wur­den erreicht?

Die WFG beab­sich­tig­te, durch das Pro­jekt ÄRZ­TIN PLUS in den betei­lig­ten Kran­ken­häu­sern struk­tu­rel­le und indi­vi­du­el­le Hemm­nis­se bei der Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf zu iden­ti­fi­zie­ren, und die Betrie­be für das The­ma alter­na­ti­ve Arbeits­zeit­mo­del­le und Kin­der­be­treu­ungs­kon­zep­te zu öff­nen. Dadurch soll­ten die Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf in den koope­rie­ren­den Häu­sern ver­bes­sert und attrak­ti­ve Arbeits­plät­ze geschaf­fen wer­den. Ziel­grup­pen waren Ärz­tin­nen, medi­zi­ni­sches Fach­per­so­nal sowie die Lei­tungs­ebe­nen der Kran­ken­häu­ser und die Mitarbeitervertretungen.
Das Kon­zept schloss zunächst 10 Kran­ken­häu­ser aus dem Hoch­sauer­land­kreis ein, von denen vier Häu­ser durch Schlie­ßung, Inter­es­sen­ver­la­ge­rung oder Umstruk­tu­rie­run­gen kei­ne Betei­li­gung mehr zusa­gen konnten.
In sechs Häu­sern wur­den Betriebs­be­fra­gun­gen durch­ge­führt, die Aus­gangs­punkt für unter­schied­li­che Bau­stei­ne (Bera­tungs­an­ge­bot für Eltern­zeit­le­rin­nen, Fort­bil­dun­gen für Per­so­na­ler zum The­ma fami­li­en­freund­li­che Arbeits­zei­ten, Ent­wick­lung neu­er Kin­der­be­treu­ungs­mo­del­le) bildeten.
In allen Häu­sern wur­de Öffent­lich­keits­ar­beit zur Bewer­bung des Pro­jekts gemacht, um alle Mit­ar­bei­ten­den für das The­ma zu sensibilisieren.
Zu den Betriebs­be­fra­gun­gen wur­den in allen Häu­sern Vor­ge­sprä­che geführt, um noch die Mög­lich­keit zu indi­vi­du­el­len Zusatz­fra­gen zu geben.
Ein Haus hat­te kon­kre­tes Inter­es­se am Bau­stein Kin­der­be­treu­ung. Es wur­den ers­te Schrit­te zur Ein­rich­tung einer Kin­der­be­treu­ung ent­wi­ckelt. Nach Per­so­nal­wech­sel wur­de signa­li­siert, dass das Haus sei­ne Über­le­gun­gen geän­dert hat­te. Die Pro­jekt­er­geb­nis­se wur­den den Häu­sern mit­ge­teilt, um ein wei­te­res Vor­ge­hen inner­halb der Häu­ser abzustimmen.
Die Ergeb­nis­se der Betriebs­be­fra­gun­gen wur­den nach der Aus­wer­tung auf Wunsch der Häu­ser nicht unter­ein­an­der kom­mu­ni­ziert, um kei­ne evtl. haus­in­ter­nen Pro­blem­stel­lun­gen in die Öffent­lich­keit zu kommunizieren.
Allen Häu­sern wur­de ein Fort­bil­dungs­an­ge­bot zum The­ma fami­li­en­freund­li­che Arbeitszeiten
gemacht, was aber nicht wahr­ge­nom­men wurde.
Es wur­den Info­bro­schü­ren zum The­ma Fami­li­en­freund­lich­keit, Eltern­zeit und Fort­bil­dung erstellt.

  1. Wel­che Zie­le wur­den nicht erreicht? War­um wur­den die­se Zie­le nicht erreicht?

Der Pro­jekt­an­satz sah vor, dass das Bau­stein­an­ge­bot frei­wil­lig zu nut­zen war. Beab­sich­tigt war eine enge Ver­zah­nung der Häu­ser inner­halb der Pro­jekt­schrit­te, die regel­mä­ßi­ge Run­de Tische mit den Per­so­nal­ver­ant­wort­li­chen, Jugend­äm­tern und Kitas vor­sah. Es wur­de jedoch deut­lich, dass die Unter­neh­men einen unter­schied­lich lan­gen Abstim­mungs­be­darf hat­ten, der eine kon­zer­tier­te Akti­on nicht zuließ. Allein die Abstim­mungs­pro­zes­se und letzt­lich die Befra­gung haben an fast allen Häu­sern wesent­lich län­ger gedau­ert als erwar­tet, ver­ur­sacht auch durch Ver­än­de­run­gen in den Zustän­dig­keits­be­rei­chen inner­halb der Häu­ser, einer ver­scho­be­nen Inter­es­sen­la­ge zum The­ma oder durch Fusionsprozesse.
Dies ist dem Bun­des­ver­wal­tungs­amt (BVA) mit­ge­teilt wor­den. Die nicht erreich­ten, für den Pro­jekt­er­folg gefor­der­ten Kenn­zah­len waren für das BVA Grund, den Bewil­li­gungs­be­scheid nach der Prü­fung des Schluss­ver­wen­dungs­nach­wei­ses teil­wei­se zu widerrufen.

  1. Wel­che nach­hal­ti­gen Aus­wir­kun­gen hat das Pro­jekt jetzt?

Ein Haus hat sich dem Zer­ti­fi­zie­rungs­pro­zess FFU unterzogen*.
Ein fusio­nier­tes Kli­ni­kum bewirbt auf sei­ner Home­page spe­zi­ell beim The­ma Fami­lie und Beruf sei­ne dies­be­züg­li­chen Bedin­gun­gen und Dienst­leis­tun­gen für die Mit­ar­bei­ten­den. 

  1. Wofür sind die Kos­ten von ins­ge­samt 188,1 T Euro entstanden?

Die Kos­ten set­zen sich für den Zeit­raum von Juli 2011 bis Juni 2014 wie folgt zusammen:
Per­so­nal­kos­ten
(0,75 Stel­le Projektleitung,
0,25 Stel­le Finanz­tech­ni­sche Abwicklung,
vor­han­de­nes Per­so­nal, das durch das Pro­jekt tlw. refi­nan­ziert wur­de) 164.900,47 EURO
Rei­se­kos­ten 948,70 EURO
Sach­aus­ga­ben
(Stand­be­tei­li­gung Medi­ca, Druck­kos­ten, Satz & Lay­out, etc.) 9.947,07 EURO
Ver­wal­tungs­ge­mein­kos­ten­pau­scha­le
(Mie­te, Strom, Tele­kom­mu­ni­ka­ti­on, etc.) 12.305,82 EURO

  1. Wie und wann wur­den die Gre­mi­en des HSK bis­her über die für den Kreis durch die Hal­bie­rung des För­der­an­teils ent­stan­de­nen Mehr­kos­ten und die nicht ganz gelun­ge­ne Pro­jekt­durch­füh­rung infor­miert? 

ÄRZ­TIN PLUS war kein Pro­jekt des Hoch­sauer­land­krei­ses, son­dern der Wirt­schafts­för­de­rungs­ge­sell­schaft Hoch­sauer­land­kreis mbH. Die Gre­mi­en der WFG, der Auf­sichts­rat und die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, wur­den anläss­lich ihrer ordent­li­chen Sit­zun­gen am 21.05.2015 bzw. 22.06.2015 über den teil­wei­sen Wider­ruf des Bewil­li­gungs­be­schei­des und die Kür­zung der För­de­rung informiert.“
* Mit „Zer­ti­fi­zie­rungs­pro­zess FFU” ist offen­sicht­lich das Zer­ti­fi­kat „Fami­li­en-Freund­li­ches-Unter­neh­men im Hoch­sauer­land­kreis” gemeint, das jähr­lich etwa 10 Betrie­be von der WFG erhalten.
PM der Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)