Eine “Aktu­el­le Stun­de” – nur für den Landrat

6. März 2016
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis. Best­wig. Meschede.

Wie berich­tet, hat­te die SBL/FW-Frak­ti­on für die Kreis­tags­sit­zung am Frei­tag wegen der Ereig­nis­se rund um die Abschie­bung des Geschwis­ter­paars aus Best­wig in die­ser Woche den Dring­lich­keits­an­trag für eine “Aktu­el­le Stun­de” zu die­sem The­ma ein­ge­bracht. Über die­sen Antrag zur Tages­ord­nung wur­de zu Beginn der Kreis­tags­sit­zung debat­tiert und abge­stimmt. Er wur­de von SBL/FW, Grü­nen, Lin­ken, Pirat und eini­gen SPD-Kreis­tags­mit­glie­dern unter­stützt, aber von der Mehr­heit des Kreis­tags abgelehnt.
Der Land­rat gab dann selbst eine lan­ge Erklä­rung zu den Ereig­nis­sen vom Red­ner­pult ab, zu der kein Kreis­tags­mit­glied Fra­gen stel­len durf­te. So hat­te er sei­ne per­sön­li­che “Aktu­el­le Stun­de”, aber die not­wen­di­gen Fra­gen konn­ten nicht gestellt wer­den und die Ant­wor­ten blie­ben aus. Dies betrifft z. B. die Kern­fra­ge, war­um die Aus­län­der­be­hör­de in Mesche­de Edgar und Eli­na trotz gül­ti­ger Dul­dung und weni­ge Wochen vor ihren Schul­ab­schlüs­sen abschob, obwohl die Behör­de über die Schul­aus­bil­dun­gen infor­miert war. Und war­um die Aus­län­der­be­hö­re behaup­tet, sie hät­te nicht anders han­deln kön­nen, obwohl sie bei sol­chen Maß­nah­men über einen sehr gro­ßen Ermes­sen­spiel­raum ver­fügt. Denn die Ent­schei­dung über Durch­füh­rung und Zeit­punkt einer Abschie­bung wird nur im Kreis­haus getrof­fen, nir­gend­wo anders! Statt des­sen wur­de ver­sucht, der Fami­lie und der Flücht­lings­be­ra­tung in Mesche­de indi­rekt die Schuld für die Durch­füh­rung der Abschie­bung in die Schu­he zu schie­ben, wegen angeb­lich man­geln­der Mit­wir­kung… Hier soll­te offen­sicht­lich von der eige­nen Ver­ant­wor­tung abge­lenkt wer­den. Auch das Ver­hal­ten eini­ger Poli­zei­be­am­ter wäh­rend der Abschie­bung gegen­über den bei­den jun­gen Men­schen bedarf noch der nähe­ren Betrachtung.
Auf der Zuschau­er­tri­bü­ne hat­ten sich zu Sit­zungs­be­ginn zahl­rei­che Mit­schü­le­rIn­nen von Edgar und Eli­na ein­ge­fun­den. Sie mach­ten mutig von ihrem Fra­ge­recht in der Ein­woh­ner­fra­ge­stun­de Gebrauch und äußer­ten ihr Unver­ständ­nis über die Vor­ge­hens­wei­se der Behör­den. Auch bei den Schü­lern und meh­re­ren wei­te­ren Fra­ge­stel­lern wur­de von der Sit­zungs­lei­tung ver­sucht, ihr Fra­ge­recht ein­zu­schrän­ken, z.B. mit fal­scher Zäh­lung der gestell­ten Fra­gen. Als das Kreis­tags­mit­glied der Pira­ten sich mit einer Fra­ge selbst an der Ein­woh­ner­fra­ge­stun­de betei­li­gen woll­te, wur­de ihm das ver­wehrt. Die Ant­wor­ten auf die gestell­ten Fra­gen klan­gen wenig über­zeu­gend und stell­ten die Schü­ler nicht zufrie­den. Eines wur­de aber deut­lich: Edgar und Eli­na wer­den von ihren Mit­schü­lern sehr geschätzt, und die Schü­ler wer­den wei­ter dafür kämp­fen, dass die bei­den Arme­ni­er ihre Aus­bil­dun­gen fort­set­zen können.
Nach­dem die Kreis­tags­mit­glie­der zu die­sem The­ma zunächst schwei­gen muss­ten, stell­te ein Kreis­tags­mit­glied der SBL/FW-Frak­ti­on wenig spä­ter bei dem Tages­ord­nungs­punkt, in dem es um die Ope­ra­ti­ven Jah­res­zie­le der Kreis­ver­wal­tung für das lau­fen­de Jahr 2016 ging, den Antrag, als wei­te­res Ziel auf­zu­neh­men: “Der Kreis ermög­licht allen Ein­woh­nern den Abschluss von Schul- und Berufs­aus­bil­dun­gen”. Als er in der Begrün­dung des Antrags auf die aktu­el­len Ereig­nis­se ein­ging und erläu­ter­te, dass sich so etwas nicht wie­der­ho­len dürf­te, ver­such­ten Zwi­schen­ru­fer aus der CDU-Frak­ti­on, die­se Aus­füh­run­gen zu ver­hin­dern. Auch das zeigt die man­geln­de Sen­si­bi­li­tät der Mehr­heits­frak­ti­on im Kreis­tag für die Betrof­fen­heit vie­ler Men­schen, die durch das Vor­ge­hen der Aus­län­der­be­hör­de in Mesche­de ent­stan­den ist.
Aber es wur­den auch Hoff­nungs­schim­mer deut­lich: Mitt­ler­wei­le scheint im Kreis­haus in Mesche­de die Bereit­schaft gewach­sen zu sein, dass unter bestimm­ten Umstän­den Edgar und Eli­na ihre Aus­bil­dung fort­set­zen können.
PM der Sauer­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)