Der Landrat, die Flüchtlinge und fragende Einwohner

Hochsauerlandkreis.

Zu Beginn der Kreistagssitzung am 24.03.2017 fand – wie immer – eine Einwohnerfragestunde statt. Dieses Mal hatten sich 8 FragestellerInnen eingefunden, zur abgeschobenen Familie Quni aus Bestwig-Ramsbeck und zu den Ereignissen um den Ziegenhof in Brilon-Scharfenberg. Die Kreisverwaltung war vorbereitet, denn die Amtsleiter der Ausländerbehörde und des Kreisveterinäramtes saßen in der Nähe des Landrats, um die Fragen beantworten zu können.

Doch es gab ungewöhnliche Vorkommnisse. Bisher durften die Fragesteller oben von der Zuschauertribüne – wo sie ihre Plätze haben – ihre Fragen stellen. Doch dieses Mal erklärte der Landrat, Fragen würden nur vom Rednerpult unten im Saal zugelassen. Für die Einwohner, die fast alle zum ersten Mal an einer Kreistagssitzung teilnahmen, eine unangenehme Aufforderung. Und eine Grundlage in der Geschäftsordnung gibt es dafür nicht. Außerdem wurden von einer Mitarbeiterin der Kreisverwaltung, bevor Fragen gestellt werden durften, die Personalien der Einwohner festgehalten. Auch diese Registrierung wurde neu eingeführt, und auch dafür gibt es keine Grundlage in der Geschäftsordnung.
Kurze Zeit später lehnte der Kreistag mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und Grünen übrigens den Antrag ab, die Kreistagssitzung per Audio-Livestream zu übertragen, ab. Eine der Begründungen: Kreistagsmitglieder könnten dadurch in ihrer Redefreiheit gehemmt werden?

Wenn denn wenigstens die Fragen ordentlich beantwortet worden wären!
Unter den Fragestellerinnen waren 4 Damen aus Ramsbeck, die die hervorragend integrierte Familie Quni betreut hatten. Die Familie war im Januar – trotz des noch laufenden Härtefallverfahrens – abgeschoben worden. Eine der Fragestellerinnen berichtete, von einem zum Abschiebetrupp gehörenden Arzt sei die körperbehinderte Tochter der Familie gegen ihren Willen zweimal zur Einnahme von Tabletten gezwungen worden, vor der Abfahrt zum FLughafen und vor dem Abflug. Anschließend habe die Tochter drei Wochen lang kein Wort mehr gesprochen. Die Fragestellerin wollte im Auftrag der Familie wissen, welcher Arzt das war und um welche Medikamente es sich handelte. Der Leiter des Ausländerbehörde beantwortete die Fragen jedoch nicht. Die Familie solle sich selbst an ihn wenden. Nach der Abschiebung nach Albanien ist das kaum machbar…
Auch die Frage, warum nicht die Botschaft oder andere Institutionen sich um die Familie bei ihrer Ankunft in Albanien kümmern würde, die dort noch nicht einmal eine Wohnung hätte, wurde nicht beantwortet, ebenso wie die Frage, was aus dem Inventar in der bisherigen Wohnung der Familie geworden sei.

Später stand in der Sitzung der Antrag der SBL/FW-Fraktion auf der Tagesordnung , den Landrat per Resolution aufzufordern, während eines laufenden Härtefallverfahrens keinen Abschiebung vorzunehmen und Empfehlungen der Härtefallkommission anzuerkennen. Die beim NRW-Innenminister eingerichtete Härtefallkommission spricht für etwa 20% der gestellten Anträge eine Bleibeempfehlung aus. wurde dies mit der großen Mehrheit von CDU, SPD und FDP abgelehnt.

Was ist das für eine Art des Umgangs mit Menschen?

PM der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW)