Bilanz­kos­me­tik beim HSK?

30. Oktober 2016
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis.

Nor­ma­ler­wei­se erwar­tet man von Bilanz und Jah­res­ab­schluss eines Unter­neh­mens Wahr­heit und Klar­heit. Bei­de sol­len ein rea­lis­ti­sches Bild über die aktu­el­le Ver­mö­gens- und Ertrags­la­ge eines Unter­neh­men geben.

Auch der Hoch­sauer­land­kreis muss Bilanz und Jah­res­ab­schluss auf­stel­len. Dies war eines der The­men in der Kreis­tags­sit­zung am 28.10.2016. Im vom Land­rat und Kreis­käm­me­rer vor­ge­leg­ten Jah­res­ab­schluss sind die RWE-Akti­en immer noch mit einem Stück­wert von 29,46 Euro ent­hal­ten. Der HSK hält – direkt und indi­rekt – immer­hin 5.862.914 RWE-Aktien.
Von dem bilan­zier­ten Kurs­wert ist die RWE-Aktie aber weit ent­fernt. Der höchs­te Kurs­wert im Ver­lauf des gesam­ten bis­he­ri­gen Jah­res 2016 wur­de mit 15,95 Euro am 13.07.2016 erreicht. Der nied­rigs­te Schluss­kurs galt am 24.02.2016 mit 10,17 Euro. Zum Stich­tag 31.12.2015 betrug der Kurs­wert der RWE-Aktie 11,71 Euro, zum 31.03.2016 lag die RWE-Aktie bei 11,38 Euro, und am 24.10.2016 bei 14,00 Euro.

Frü­her hat­ten die Kom­mu­nen – anders als Unter­neh­men – ein Wahl­recht, ob sie Wert­be­rich­ti­gun­gen vor­neh­men oder nicht. Dies ist vor­bei: Seit 2013 legt § 35 der (auch für Kreisr gül­ti­gen) Gemein­de­haus­halts­ver­ord­nung fest, dass bei dau­er­haf­ten Wert­min­de­run­gen eine Wert­be­rich­ti­gung vor­ge­nom­men wer­den muss.

Die SBL/FW-Kreis­tags­frak­ti­on hat­te im Kreis­tag bean­tragt, den bilan­zier­ten Kurs­wert auf 11,38 Euro, also den zum Ende des sog. “Auf­hel­lungs­zeit­raums” von einem Vier­tel­jahr nach dem Stich­tag zu kor­ri­gie­ren (also über dem Kurz am Stich­tag 31.12.2015). Dadurch ergibt sich ein Wert­be­rich­ti­gungs­be­darf von ca. 106 Mio Euro, und die Bilanz wäre korrekt.

In der Ver­gan­gen­heit hat­te der HSK schon erheb­li­chen Wert­be­rich­ti­gungs­be­darf bei sei­nen RWE-Akti­en: 2008 ging es um 24 Mio Euro nach unter, 2014 um wei­te­re 267 Mio Euro. Zwi­schen 2008 und 2014 hat die Anla­ge­po­li­tik von Land­rat, Kreis­ver­wal­tung und Mehr­heit im Kreis­tag also schon zu einem Wert­ver­zehr von 291 Mio Euro geführt. Ins­ge­samt beträgt der Wert­ver­zehr mitt­ler­wei­le etwa 397 Mio Euro (!!), und das Eigen­ka­pi­tal des HSK liegt damit bei nur noch etwa 6 Mio Euro. Ein ver­hee­ren­des Ergeb­nis! Noch 1,16 Euro pro Aktie an wei­trem Wert­be­rich­ti­gungs­be­darf, und das Eigen­ka­pi­tal des HSK wür­de nega­tiv. Das wäre für ein Unter­neh­men Anlass für ein Insol­venz­ver­fah­ren… Die Finanz­kom­pe­tenz der­je­ni­gen, die sich an der RWE-Akti­en fest­ge­klam­mert haben, ist “beein­dru­ckend”. Vie­le ande­re Kom­mu­nen – wie z.B. die Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf – waren schlau­er und haben sich längst von ihren RWE-Akti­en getrennt, wäh­rend der HSK nach einem Mehr­heits­be­schluss des Kreis­tags im Jahr 2009 sogar noch für 30 Mio Euro wei­te­re RWE-Akti­en erwarb.

Und die Per­spek­ti­ven sind ungüns­tig: Im Zusam­men­hang mit dem Bör­sen­gang der RWE-Toch­ter Inno­gy am 07.10.2016 sank der Kurs der Aktie der Mut­ter­ge­sell­schaft inner­halb weni­ger Tage um 1,95 Euro, und Divi­den­de zahlt die RWE bekannt­lich nicht mehr-

Doch anschei­nend kann nicht sein, was nicht sein darf! Für den Antrag unse­rer Frak­ti­on stimm­ten die 5 Kreis­tags­mit­glie­der von SBL/FW, Lin­ken und Pira­ten sowie ein Mit­glied der FDP-Frak­ti­on. Die GaGa­Gro­Ko aus CDU, SPD, Grü­nen und FDP lehn­te ihn – mit der genann­ten einen Aus­nah­me – geschlos­sen ab. Viel­leicht soll der dra­ma­ti­sche Wert­ver­lust vor den anste­hen­den Wah­len zum Bun­des­tag und Land­tag ver­schlei­ert werden??

Beson­ders pikant: Die Gemein­de­prü­fungs­an­stalt (GPA) stellt in einem Schrei­ben vom 12.10.2016 zur Prü­fung des Schul- und Bil­dungs­be­trie­bes des HSK fest: “Aus Sicht der GPA NRW ist zwin­gend eine außer­plan­mä­ßi­ge Abschrei­bung der Betei­li­gung auf­grund einer vor­aus­sicht­lich dau­ern­den Wert­min­de­rung notwendig.”
Eine wei­te­re Klä­rung ist somit erforderlich…

PM der Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)