Sparkassen-Dämmerschoppen im Neheimer Kaiserhaus

Sparkassenvorstand Jürgen Schwanitz (l.) und Ernst-Michael Sittig (r.) überreichten Referent Ralf Schuster ein Präsent nach seinem gelungenen Vortrag beim diesjährigen Sparkassen-Dämmerschoppen. (Foto: Sparkasse Arnsberg-Sundern)

Arnsberg. Nach zweijähriger Corona Zwangspause freute sich die Sparkasse Arnsberg-Sundern am vergangenen Dienstag zum diesjährigen Dämmerschoppen wieder einladen zu können. Die rund 150 geladenen Gäste erwarteten mit Spannung den Vortrag des geopolitischen Experten der Landesbank-Hessen-Thüringen, Ralf Schuster, zum aktuellen Thema „Krieg in Europa – Vorbote einer neuen weltwirtschaftlichen Ordnung? Eine geopolitische Analyse“.

Geopolitische Analyse von Referent Ralf Schuster

Ernst-Michael Sittig begrüßte in Namen des Vorstandes die anwesenden Gäste im Neheimer Kaiserhaus und freute sich sichtlich, dass der Sparkassen-Dämmerschoppen wieder im gewohnten Rahmen stattfinden konnte. Als Ralf Schuster in der Folge die Bühne übernahm, merkten die anwesenden Gäste schnell, dass der Mann von der Helaba sich über die Jahre ein globales Netzwerk in Wirtschaft und Politik durch seine verschiedenen Tätigkeiten aufgebaut hat und über weitreichende, weltweite Kontakte verfügt. Es ist daher auch treffend, ihn als geopolitischen Experten zu bezeichnen. Denn darum gehe es in seiner Tätigkeit, die zu erwartenden weltwirtschaftlichen Veränderungen unter geopolitischen Aspekten zu analysieren. „Also um die Frage”, sagt er, „welchen Einfluss geografische Faktoren auf Politik, Gesellschaft und insbesondere auf Märkte nehmen.”

Ukraine-Krieg – Krieg des Westens

In seinem Vortrag ging Schuster unter anderem auf die aktuelle Lage in Europa und das vorherrschende Kriegsgeschehen in der Ukraine ein. „Das erste Opfer eines jeden Krieges ist die Wahrheit” erklärte Schuster. Dabei spiele die Informationsweitergabe der Medien eine große Rolle, da sie uns in unserem Meinungsbild beeinflusse. Es sei daher nicht verwunderlich, dass westliche Medien europäisch zentriert berichten. Andere Länder hingegen haben eine durchaus differenziertere Wahrnehmung und Meinung zum Krieg in Europa und auch diese gilt es zu berücksichtigen und zu analysieren. Oft werde ihm in seinem Austausch mit nicht-europäischen Denkfabriken entgegengehalten, dass es der Krieg des Westens (Europa und der USA) sei und der Westen Opfer der eigenen Doppelmoral, Arroganz und Überheblichkeit geworden sei. Dabei werde auch immer wieder darauf hingewiesen, dass die Probleme des Westens nicht die der Welt seien.

Bisherige Sanktionen gegen Russland ohne gewünschte Wirkung

Dass der für uns allgegenwärtige Krieg in anderen Ländern anders wahrgenommen würde und auch einen anderen Stellenwert besitze, zeigt sich auch an den Sanktionen gegenüber Russland. Viele Länder außerhalb Europas hätten gar keine Sanktionen verhängt und sich aufgrund von zu erwartenden Vorteilen oder der Abwendung von Nachteilen für deren Handelsbeziehungen neutral verhalten. Daher würden die bisherigen Sanktionen gegen Russland auch nicht die gewünschten Wirkungen entfalten. So fände fast die gesamte russische Kohle, die für Europa bestimmt sei, nun ihren Weg nach Indien, China und in andere asiatische und afrikanische Länder und das oft zu besseren Konditionen für Russland.

Europäer sind mit “mit verschlossenen Augen” durch die Welt gelaufen

Diese Entwicklungen seien laut Schuster ein klares Indiz für weitreichende geopolitische Auswirkungen, die über die Grenzen Europas hinausgingen. Wir Europäer seien in den vergangenen Jahren “mit verschlossenen Augen” durch die Welt gelaufen und hätten dabei wichtige globale Veränderungen aus dem Blick verloren. Schuster zeigte die Auswirkungen des geopolitischen Konfliktes an verschiedenen Beispielen auf. Die Handelsströme auf den beiden Landbrücken, die Europa mit Asien verbinden, hätten sich stark verändert, neue internationale Kooperationen zwischen Staaten seien entstanden und es habe Machtverschiebungen im Welthandel gegeben. Heute würden andere Staaten durch ihre Dominanz des Welthandels den Wandel in der Welt gestalten.

Status als “Supermacht” – USA und Volksrepublik China in Konkurrenz

Gerade vor dem Hintergrund dieser globalen Veränderungen sei es den USA wichtig, mit allen Mitteln ihren Status als “Supermacht” zu verteidigen. Das globale Aufstreben der Volksrepublik China in den vergangenen Jahrzehnten sei daher für die amerikanische Regierung die größte globale Herausforderung. Dies zeige sich auch in der sich verändernden Weltwirtschaft. So sei China im Vorpandemiejahr 2019 in 73 Ländern der Handelspartner Nummer 1, die USA hingegen nur noch in 29 Ländern. Auf die Frage, ob es auch aus Handelssicht zu einem globalen Krieg kommen könne, um die eigenen Interessen zu stärken, ist sich Schuster sicher: „Die Auswirkungen eines dritten Weltkrieges wären verheerend. Daher möchte die USA wie auch China den direkten militärischen Konflikt vermeiden. Das schließt aber nicht aus, dass zukünftig auch weitere Stellvertreterkonflikte geführt werden könnten, um die Kräfte des jeweiligen Gegners in militärischen Konflikten zu binden und zu erschöpfen“.

Unabhängigkeit im Bereich Energie- und Rohstoffversorgung als wichtiges Ziel

Eine Gefahr für Deutschland sieht Schuster durchaus in der Energie- und Rohstoffabhängigkeit. “37 Prozent unserer Energie in der Wirtschaft und Privathaushalten stellen wir aus Gas her. Wenn man keine Ressourcen besitzt, muss man diese importieren. Jetzt bekommen wir zukünftig Gas aus anderen Ländern. Aber wie stellt sich unsere Beziehung zu diesen Ländern in 5 oder 10 Jahren dar oder zu den Amerikanern, sollte Donald Trump noch einmal an die Macht kommen? Machen wir uns eventuell von neuen Partnern abhängig?” Schuster plädiert daher die Innovationskraft der deutschen Industrie verstärkt zu fördern, Entwicklungen voranzutreiben und so einen Schritt in Richtung Unabhängigkeit im Bereich Energie- und Rohstoffversorgung zu erlangen. Exemplarisch nannte er hier die Nutzung von Höhenwind mit in Deutschland und Europa produzierten Komponenten.

Befreiung von Bürokratie und Regulierung um Abwanderung von Unternehmen entgegenzuwirken

Dies könne laut Schuster vor allem dann gelingen, wenn deutsche Unternehmen jetzt – zumindest temporär – von erdrückender Bürokratie und Regulierung befreit werden würden. „Deutsche Unternehmen sind flexibel. Sind die Rahmenbedingungen in Deutschland zu bürokratisch, komplex und auf Dauer zu teuer, dann gehen die Unternehmen in andere Länder, mit der Folge, dass in Deutschland Arbeitsplätze verloren gehen.” Es brauche daher dringend eine politische Strategie bzw. Gegenstrategie, um den Entwicklungen der vergangenen Jahre entgegenzuwirken. Ansonsten verliere Deutschland, aber auch Europa immer weiter an globaler Strahlkraft und am notwendigen Einfluss.

Dass die Sparkasse mit Ralf Schuster und dem ausgewählten Thema den Nerv der anwesenden Gäste getroffen hatte, zeigten die zahlreichen Publikumsfragen, die Schuster direkt, aber auch im persönlichen Austausch nach Ende seines rund 90-minütigen Vortrages beantwortete.

Jürgen Schwanitz lud im Anschluss zum geselligen Teil des Dämmerschoppens ein und freute sich gemeinsam mit Ernst-Michael Sittig und weiteren Sparkassenvertretern bei kühlen Getränken und einem Imbiss auf zahlreiche Gespräche mit den geladenen Kundinnen und Kunden, die dann auch noch bis in den späten Abend geführt wurden.

 

 

 

 

 

(Quelle: Sparkasse Arnsberg-Sundern)