Abschie­be­wahn im Kreishaus?

8. Februar 2017
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis. Best­wig. Meschede.

Es ist kein Jahr her, als es um die Abschie­bung von zwei sehr gut inte­grier­ten Geschwis­tern aus Best­wig ging. Bei­de waren sehr erfolg­reich in der Schu­le und hat­ten bereits Zusa­gen für Aus­bil­dungs­plät­ze. Auch ein Här­te­fall­an­trag bei der Här­te­fall­kom­mis­si­on des Innen­mi­nis­te­ri­ums in Düs­sel­dorf war gestellt.
Trotz­dem soll­te Anfang März von der Aus­län­der­be­hör­de des HSK die Abschie­bung voll­zo­gen wer­den. Angeb­lich (!!) war im Kreis­haus nichts von dem gestell­ten Här­te­fall­an­trag bekannt?! Mitt­ler­wei­le sind die bei­den jun­gen Men­schen in ihrer Berufs­aus­bil­dung ange­langt, der Bru­der hat­te sich auf dem Flug­ha­fen durch einen wag­hal­si­gen Sprung (mit anschlie­ßen­der Beinfrak­tur) die Abschie­bung “ver­hin­dert”, und die Schwes­ter konn­te mitt­ler­wei­le nach Deutsch­land zurück­keh­ren. In der Ein­woh­ner­fra­ge­stun­de in der Kreis­tags­sit­zung am 04.03.2016 stell­ten vie­le Mit­schü­le­rin­nen und Mit­schü­ler der bei­den Arme­ni­er deut­li­che Fra­gen an den Land­rat. In die­sem Zusam­men­hang sicher­te der Land­rat gegen­über dem Kreis­tag zu, dass wäh­rend eines lau­fen­den Här­te­fall­an­trags kei­ne Abschie­bung erfol­gen würde.

Das scheint nun nicht mehr zu gel­ten. Denn Ende Janu­ar wur­de in einer Nacht­ak­ti­on die fünf­köp­fi­ge Fami­lie Quni aus Best­wig abge­scho­ben, trotz lau­fen­dem Här­te­fall­an­trag und lau­fen­der Peti­ti­on. Die Ein­ga­ben waren durch das “Kin­der­rech­te­fo­rum” erfolgt, das sich – eben­so wie die SBL – auch in dem Fall vor knapp einem Jahr stark enga­giert hatte.

Nähe­res über die unglaub­li­chen Vor­gän­ge steht hier:
http://​kin​der​rech​te​fo​rum​.org/​2​0​1​7​/​0​1​/​3​0​/​n​e​u​i​g​k​e​i​t​e​n​-​v​o​n​-​f​a​m​i​l​i​e​-​q​uni

Auf­grund der Ereig­nis­se hat die SBL/FW-Kreis­tags­frak­ti­on am 07.02.2017 die fol­gen­de schrift­li­che Anfra­ge an den Land­rat gestellt:

“1. Trifft die Aus­sa­ge des Kin­der­rech­te­fo­rums zu, dass die Abschie­bung der Fami­lie ent­ge­gen aller mit dem HSK-Aus­län­der­amt getrof­fe­nen Abspra­chen erfolgt ist?
2. Wenn ja, war­um hat sich Ihre Behör­de über die­se Abspra­chen hin­weg gesetzt? Und wes­halb hat Ihre Behör­de die Ent­schei­dun­gen von Här­te­fall­kom­mis­si­on und Peti­ti­ons­aus­schuss nicht abgewartet?
3. Ist die Infor­ma­ti­on kor­rekt, dass der Fami­lie der Ableh­nungs­be­scheid ihres Asyl­an­trags nicht zuge­stellt wor­den ist?
4. Wenn ja, war­um hat Ihre Behör­de die Abschie­bung trotz­dem vollzogen?
5. Wann und wie wur­den das Ehe­paar Quni und ihre Kin­der über die bevor­ste­hen­de „Rück­füh­rung“ in Kennt­nis gesetzt? (Schrift­li­che oder münd­li­che Mit­tei­lung? Ent­zug bzw. kei­ne Ver­län­ge­rung der Duldungen?)
6. Wann und wie genau erfolg­te die Abschie­bung? (In den frü­hen Mor­gen­stun­den? Wie viel Zeit blieb z.B. für das Kofferpacken?)
7. Wie vie­le Poli­zei­kräf­te und Beam­tin­nen und Beam­te der Aus­län­der­be­hör­de waren zu die­sem Zweck im Ein­satz? Wur­de eine Ärztin/​ein Arzt hinzugezogen?
8. Inwie­fern sind bei die­sem äußerst belas­ten­den Vor­gang die kör­per­li­chen Ein­schrän­kun­gen des jüngs­ten Kin­des berück­sich­tigt wor­den? (Mit­nah­me von Hilfs­mit­teln, Medi­ka­men­ten etc.?)
9. Ist der Fami­lie an dem Tag der Abschie­bung aus­rei­chend Gele­gen­heit gege­ben wor­den, sich tele­fo­nisch an einen Rects­an­walt, an das Kin­der­rech­te­fo­rum, an Flücht­lings­hel­fer, an Kommunal¬politiker und/​oder an Freun­de und Bekann­te zu wen­den? Wenn nein, war­um nicht?
10. Mit wel­cher Flug­li­nie und wel­chem Flug­zeug wur­den die Eltern und ihre drei Kin­der aus­ge­flo­gen? (Sam­mel­ab­schie­bung? Char­ter­flug? Lini­en­flug? Flugnummer?)
11. Ist sei­tens des HSK-Aus­län­der­amts sicher gestellt wor­den, dass die Fami­lie am Ziel­flug­ha­fen von Behör­den und/​oder Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen in Emp­fang genom­men und men­schen­wür­dig unter­ge­bracht und ver­sorgt wur­de? Wenn nein, war­um nicht?
12. Hat Ihre Behör­de die Arbeit­ge­ber von Frau und Herrn Quni, die jewei­li­gen SchulleiterI/​innen der drei Kin­der sowie den Woh­nungs­ver­mie­ter über den plötz­li­chen „Fort­zug“ in Kennt­nis gesetzt?
13. Was geschah bzw. geschieht mit der ver­las­se­nen Woh­nung der Fami­lie? Was geschah bzw. geschieht mit dem Inventar?
14. Wie vie­le Abschie­bun­gen hat der HSK im Jahr 2016 durch­ge­führt? Wie vie­le im lau­fen­den Jahr? Wie vie­le Kin­der und Jugend­li­che wur­den 2016 bis heu­te „zurück geführt“?
15. Über wie vie­le noch nicht ent­schie­de­ne Här­te­fall­an­trä­ge und Peti­tio­nen sind Sie der­zeit in Kennt­nis gesetzt?
16. Beab­sich­tigt der HSK, sich wei­ter­hin über lau­fen­de Här­te­fall­an­trä­ge, Peti­tio­nen und ein­ver­nehm­li­che Abspra­chen hin­weg zu set­zen? Wenn ja, aus wel­chem Grund?
17. Gilt die Zusa­ge des Land­rats aus der Sit­zung des Kreis­tags vom 04.03.2016 noch, dass wäh­rend eines lau­fen­den Här­te­fall­an­trags kei­ne Abschie­bung erfolgt? Wenn nein, war­um nicht?”

Der Fall wird uns (und den Kreis­tag) noch wei­ter beschäftigen!

PM der Sau­er­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)