Abschie­be­hin­der­nis „eth­ni­sche Ver­fol­gung“ – Ein klei­ner Pra­xis­test mit depri­mie­ren­dem Ergebnis

31. Januar 2016
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis.
Eth­ni­sche Ver­fol­gung sei ein Abschie­be­hin­der­nis, ant­wor­te­te ein Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter bei einer Info-Ver­an­stal­tung im Janu­ar 2016 auf die Fra­ge einer Zuhörerin.
Das lässt hof­fen. Da mache ich doch gleich mal den „Inter­net-Pra­xis­test“.
Treffer!
Lei­der ist die ers­te Mel­dung, die mich anblitzt, ziem­lich ernüch­ternd. Mei­ne Stich­wort­ein­ga­be führ­te mich näm­lich zu einem Antrag der Pira­ten-Frak­ti­on im NRW-Land­tag vom 17.12.2015, Druck­sa­che 16/10297. Der Titel:
„Abschie­bung in Ver­fol­gung, Hun­ger, Käl­te und Not stop­pen – NRW muss die Abschie­bung von Flücht­lin­gen in den West­bal­kan über den Win­ter aus­set­zen“. Aha, ganz aktuell!
Klick:
https://​www​.pira​ten​frak​ti​on​-nrw​.de/​2​0​1​5​/​1​2​/​a​b​s​c​h​i​e​b​u​n​g​-​i​n​-​v​e​r​f​o​l​g​u​n​g​-​h​u​n​g​e​r​-​k​a​e​l​t​e​-​u​n​d​-​n​o​t​-​s​t​o​p​pen
Der Antrag befasst sich expli­zit mit dem Schick­sal von eth­ni­schen Min­der­hei­ten auf dem Bal­kan. Dazu gehö­ren Roma, Ash­ka­li und Ägyp­ter z.B. in Ser­bi­en, Maze­do­ni­en und Kosovo.
Schlech­te Nachricht!
Offen­bar ist es trau­ri­ge Pra­xis, dass die­se Men­schen – trotz eines soge­nann­ten Sen­si­bi­li­sie­rungs­er­las­ses, den die NRW-Lan­des­re­gie­rung an die Aus­län­der­be­hör­den gerich­tet hat­te – von (eben die­sen oder von eini­gen die­ser?) Aus­län­der­be­hör­den zur „frei­wil­li­gen“ Aus­rei­se gedrängt oder abge­scho­ben wer­den. Und das, obwohl sich die Lage für Roma, Sin­ti und ande­re Bevöl­ke­rungs­grup­pen in den Nach­fol­ge­staa­ten des ehe­ma­li­gen Jugo­sla­wi­en offen­bar kei­nen Deut ver­bes­sert hat, viel­leicht sogar noch schlech­ter gewor­den ist.
Die Situa­ti­on für eth­ni­sche Min­der­hei­ten in den Bal­kan­län­dern schil­dert die Pira­ten-Frak­ti­on in ihrem Antrag als men­schen­un­wür­dig und unzu­mut­bar. Ein Auszug:
„ … Beson­ders im Win­ter ver­schär­fen sich die Bedin­gun­gen für vie­le Betrof­fe­ne noch ein­mal, da sie auf­grund des sys­te­ma­ti­schen Aus­schlus­ses von ange­mes­se­nen Wohn­be­din­gun­gen häu­fig gezwun­gen sind, in infor­mel­len Sied­lun­gen und bau­fäl­li­gen Gebäu­den unter­zu­kom­men. Roma, Ash­ka­li, Ägyp­ter und ande­re Min­der­hei­ten in die­sen Staa­ten wer­den nach einer erfolg­ten Abschie­bung in den Ziel­staa­ten oft noch extre­mer drang­sa­liert. Das bestä­ti­gen ein­hel­lig Berich­te von Orga­ni­sa­tio­nen wie dem UNHCR und Amnes­ty Inter­na­tio­nal. Auf der Tagung „Fach­ge­spräch über die Situa­ti­on der Min­der­hei­ten im Koso­vo“ am 30.10.2012 im Land­tag NRW wur­de die pre­kä­re Situa­ti­on von abge­scho­be­nen Kin­dern geschil­dert: Die­se besu­chen im Koso­vo in der Regel die Schu­le nicht mehr.
Für eine Rück­kehr in Sicher­heit und Wür­de kann gera­de in der kal­ten Jah­res­zeit nicht garan­tiert wer­den. Zudem könn­te eine Abschie­bung in der Win­ter­zeit zu extre­mer Man­gel­ver­sor­gung beson­ders schutz­be­dürf­ti­ger Men­schen führen. …“
Ich könn­te die Auf­lis­tung der „Tref­fer“ belie­big fortsetzen.
Fra­ge: Wann und wo bedeu­tet denn nun die Zuge­hö­rig­keit zu einer eth­ni­schen Min­der­heit ein Abschie­be­hin­der­nis und wann und wo nicht?
Das ver­ste­he wer will. Ich ver­ste­he das jeden­falls nicht!
PM der Sauer­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)SBL-Logo