8. Südwestfälischer Oberflächentag: Lassen sich Innovationen produzieren?

Der 8. Südwestfälische Oberflächentag bot den 80 Teilnehmern wieder ein breites Spektrum an Themen und befasste sich mit neuen Entwicklungen in der Branche.

„Wir freuen uns über das rege Interesse am Südwestfälischen Oberflächentag, der sich als Informations- und Kommunikationsplattform in der Region etabliert hat“, begrüßte Andreas Lux, stellvertretender SIHK-Hauptgeschäftsführer, die Teilnehmer in der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) in Hagen. Gemeinsam mit der Bezirksgruppe Iserlohn der Deutschen Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik (DGO) hatte die SIHK zum achten mal Fach- und Führungskräfte aus der Oberflächenbranche nach Hagen eingeladen. „Wir konnten wieder ein interessantes Programm zusammenstellen, um den Austausch über die aktuellen Trends und Anforderungen zu ermöglichen“, so Dr. Sven Hering, geschäftsführender Gesellschafter der Metoba Metalloberflächenbearbeitung GmbH aus Lüdenscheid, der als Moderator durch den Tag führte.

Netzwerk schafft gutes Innovationsklima

Können Innovationen produziert werden? – Diese Frage stellte Dr. Andreas Günther von der RIO GmbH aus Siegen. Mit seinem Erfahrungsbericht aus der Innovationsfabrik Oberflächen zeigte er die Möglichkeit in einem branchenübergreifenden Netzwerk die Kräfte zu bündeln. Durch die Nutzung von Synergie-Effekten könne die Wettbewerbsfähigkeit in der Region Südwestfalen weiter ausgebaut werden. Es entstehe ein Innovationsklima, aus dem alle Mitstreiter Nutzen ziehen können. Er lud die Teilnehmer des Oberflächentags ein, sich zu beteiligen. So könnten auch Fragestellungen behandelt werden, die ein einzelnes Unternehmen nicht anpacken kann. Die Teilnehmer der Innovationsfabrik können nach Beteiligung an den Workshops gemeinsam in weiteren Arbeitstreffen themenspezifische Lösungskonzepte entwickeln und anschließend in Firmenverbund- oder Entwicklungsprojekten umsetzen.

Schadensfälle durch Fehleranalytik sichbar gemacht

Wo produziert wird, kann es auch zu Schadensfällen kommen. Josef Andrek, Geschäftsführer der IGOS – Institut für Galvano- und Oberflächentechnik Solingen GmbH & Co. KG, berichtete über die Fehleranalyse bei Schadensfällen. Denn trotz sorgfältiger Konstruktion und Fertigung sowie eingehender Erprobung gelinge es auch bei Einhalten der vorgesehenen Betriebsweise nicht immer, das Versagen der Produkte zu vermeiden. Solche Schadensfälle verursachen wirtschaftliche Verluste durch Produktionsausfall, Folgeschäden und notwendige Reparaturmaßnahmen. Andrek stellte einige Beispiele aus der Schadensanalytik vor und zeigte auf, wie die Analyse abläuft. Bei einem Hydraulikstempel konnte zum Beispiel nachgewiesen werden, dass die fehlerhafte Beschichtung aufgrund eines Fehlers im Basismaterial auftauchte. „Anhand eines Querschliffes ließ sich nachweisen, dass der Fehler auf den Schleifprozess vor dem Galvanisieren zurückzuführen ist“, berichtete Andrek.

Alternative zu Chrom VI?

Aufgrund des Zulassungsverfahrens von besonders besorgniserregenden Stoffen durch die EU-Chemikalienrichtlinie REACH ist ab September 2017 die Verwendung von sechswertigen Chromverbindungen eingeschränkt. Es gibt zwar kein generelles Verbot des Stoffes, aber er darf nur noch von Unternehmen verwendet werden, die eine Zulassung beantragt und bekommen haben. Alternativen sind daher gefragt: Dr. Harald Prestel, Fachverband Galvanisierte Kunststoffe e.V. (FGK) in Hilden, stellte in seinem Vortrag „Kunststoffgalvanisierung mit Chrom III-Elektrolyten als Alternative zu Chrom VI“ die Ergebnisse der Labor- und Feldversuche des FGK dazu vor. Seit 2012 führt der FGK umfangreiche Labor- und Feldtests durch, bei denen die existierenden Chrom III-Verfahren mit der herkömmlichen hexavalenten Verchromung verglichen werden. Mit diesen Untersuchungen möchte der FGK verlässliche Aussagen über die Leistungsfähigkeit der Chrom IIIVerfahren treffen. „Betrachtet man die Entwicklung der vergangenen Jahre, so sind bei den Chrom III-Verfahren bezüglich Korrosionsbeständigkeit deutliche Fortschritte zu erkennen“, erklärte Dr. Prestel. Problematisch seien nach wie vor der Farbton und die Farbkonstanz. Allerdings seien auch hier im Lauf der letzten Jahre Fortschritte erzielt worden, so Dr. Prestel.

Beschichtungen im Vergleich

Karl Morgenstern, Walter Hillebrand GmbH & Co. KG in Wickede, verglich in seinem Vortrag verschiedene Beschichtungsverfahren. Sein Fazit: „Wer gehofft hatte, eine eindeutige Antwort zu bekommen, ist jetzt enttäuscht.“ Für die Vielfalt der Oberflächen und Anforderungen sei nur eine individuelle Lösung möglich, die nur der Fachmann gemeinsam mit dem Anwender entwickeln könne. „Alle Systeme haben ihre Berechtigung“, so Karl Morgenstern.

Dispersionsbeschichtungen

Professor Dr. Timo Sörgel, Forschungsinstitut für Innovative Oberflächen (FINO) der Hochschule Aalen, brachte den Teilnehmern Dispersionsschichten näher. Eine disperse Schicht besteht aus einer metallischen Matrix und darin verbundenen Feststoffpartikeln. Die Partikel haben einen Einfluss auf die Schichteigenschaft unter anderem eine Erhöhung der Schichthärte, Beeinflussung der Oberflächenstruktur z.B. Reibwerterhöhung oder Mattierung der Oberfläche. Professor Sörgel stellte den Teilnehmern des Oberflächentages die Technologie vor, nannte Anwendungsbeispiele und schätzte das Zukunftspotenzial ein. Professor Sörgel: „Die Technologie ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Technologieführerschaft der deutschen und europäischen Galvanobranche.“

Neubau eines Chemielagers

Der Erfahrungsbericht zum Genehmigungsmanagement nach BlmSchG (Bundes-Immissionsschutzgesetz: Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge) für den Neubau eines Chemielagers zeigte einige Herausforderungen eines solchen Genehmigungsverfahrens auf. Dr. Martin Klupsch, Oberflächenchemie Dr. Klupsch GmbH & Co. KG, Herscheid, berichtete von seinen Erfahrungen mit seinem Neubauprojekt in einem Industriegebiet. Frank Markert vom Institut für Entsorgung und Umwelttechnik GmbH in Iserlohn stellte in seinem Co-Referat die rechtlichen Grundlagen dazu dar.

Im Anschluss an die Vorträge kam es noch zu angeregten Diskussionen zwischen den Teilnehmern und den Referenten, um individuelle Fragen zu klären und Erfahrungen miteinander auszutauschen.

Text und Bild: Daniela Wessely, Hagen