50.000 m³ Schlamm aus dem Hen­ne­see sol­len auf Depo­nie nach Bestwig

7. Dezember 2016
von Redaktion

Hoch­sauer­land­kreis. Best­wig. Meschede.

Die Kreis­tags­frak­ti­on Sauer­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW) war bei Durch­sicht des Pro­to­kolls der Land­schafts­bei­rats­sit­zung stut­zig gewor­den. Es ging in der Sit­zung um die vom Ruhr­ver­band schon vor einem ¾ Jahr bean­trag­te Ent­schlam­mung eines Teils des Hen­ne­see-Vor­be­ckens. Die­se Maß­nah­me war offen­bar schon vor 4 Jah­ren geplant, hat sich aber wegen feh­len­der Ent­sor­gungs­mög­lich­kei­ten für den Schlamm bis jetzt ver­zö­gert. Da von die­ser Akti­on auch alles was im Vor­be­cken lebt betrof­fen ist, soll – laut Pro­to­koll – vor­ab eine Arten­schutz­prü­fung durch­ge­führt wor­den sein.

Die SBL/FW-Frak­ti­on schick­te am 15.11.2016 dem Land­rat dazu eini­ge Fra­gen und Unter­fra­gen. Die Kreis­ver­wal­tung beant­wor­te­te sie mit Schrei­ben vom 28.11.2016 wie folgt:

Ent­schlam­mung soll im Som­mer 2017 erfolgen
Fra­ge 1: Wann soll die Ent­schlam­mung des Vor­be­ckens des Hen­ne­sees erfolgen?
Ant­wort: „Der Bezirks­re­gie­rung Arns­berg ‑Tal­sper­ren­auf­sicht-‚ ist die geplan­te Ent­schlam­mung des Vor­be­ckens der Hen­ne­tal­sper­re bekannt. Ein dies­be­züg­li­ches Ver­wal­tungs­ver­fah­ren wird aller­dings nicht geführt, da das Vor­ha­ben als Unter­hal­tungs­maß­nah­me ein­ge­stuft wird. Die­ses Vor­ge­hen ist lan­des­weit abgestimmt.
Der Ruhr­ver­band hat das Vor­ha­ben des­halb mit den zustän­di­gen Fach­dis­zi­pli­nen der Kreis­ver­wal­tung abge­stimmt. Nach den mir vor­lie­gen­den Infor­ma­tio­nen des Ruhr­ver­ver­ban­des ist die Maß­nah­me für das Som­mer­halb­jahr 2017 geplant.“

Ca. 140.000 m³ Schlamm­ab­la­ge­run­gen im Vorbecken
Fra­ge 2: Wie vie­le Kubik­me­ter Schlamm fal­len dabei vor­aus­sicht­lich an?
Ant­wort: „Nach einer hydro­gra­phi­schen Ver­mes­sung befin­den sich im Vor­be­cken Schlamm­ab­la­ge­run­gen in einer Grö­ßen­ord­nung von ca. 140.000 m³. Im Zuge der nun­mehr geplan­ten Teil­räu­mung sol­len ca. 50.000 m³ Sedi­ment dem Vor­be­cken ent­nom­men werden.“

Außer erhöh­ter Orga­nik­be­las­tung kei­ne Auffälligkeiten
Fra­ge 3: Mit wel­chen Schad­stof­fen und Umwelt­gif­ten (bei­spiels­wei­se Schwer­me­tal­le und Nitrat) ist das aus­zu­bag­gern­de Mate­ri­al belas­tet? (Bit­te um genaue Anga­be der Stof­fe und deren ver­mut­li­cher Her­kunft sowie der jewei­li­gen Messwerte!)
Ant­wort. „Da die Sedi­men­te zur End­ge­stal­tung der Schlamm­de­po­nie Best­wig-Vel­me­de des Ruhr­ver­ban­des ver­wen­det wer­den sol­len, rich­tet sich die Zuläs­sig­keit des Ein­baus nach der Depo­nie­ver­ord­nung (sie­he Fra­ge 4).
Auf­grund der aktu­el­len Ana­ly­se­wer­te von 2016 hal­ten die Sedi­men­te – außer bei der Orga­nik­be­las­tung – die Zuord­nungs­kri­te­ri­en für eine Depo­nie der Klas­se DK 0 nach Anhang 3 der Depo­nie­ver­ord­nung ein. Ins­be­son­de­re die für eine Depo­nie­rung maß­geb­li­chen Ana­ly­se­wer­te im Eluat bei den Schwer­me­tal­len zei­gen kei­ne Auffälligkeiten.
Wegen der erhöh­ten Orga­nik­be­las­tung (TOC 4,6 Mas­se% TM) wur­den ergän­zen­de Unter­su­chun­gen zur Gas­bil­dungs­ra­te mit­tels ATc Tes­te nach Zif­fer 3.3.1.1 des Anhangs 4 der Depo­nie­ver­ord­nung durch­ge­führt. Die Ergeb­nis­se waren unauf­fäl­lig und füh­ren damit nicht zur Depo­nie­gas­bil­dung, so dass die­se Orga­nik­be­las­tung bei der Abla­ge­rung auf der ehe­ma­li­gen Schlamm­de­po­nie Best­wig-Vel­me­de zu ver­nach­läs­si­gen ist.“

Orts­wech­sel von Mesche­de nach Bestwig
Fra­ge 4: Wie und wo soll der Schlamm ent­sorgt werden?
Ant­wort: „Das auf­zu­neh­men­de Sedi­ment wird aus­schließ­lich zu den ehe­ma­li­gen Klär­schlamm­tei­chen des Ruhr­ver­ban­des in Best­wig-Vel­me­de trans­por­tiert. Die Depo­nie wird so im Zuge der End­ge­stal­tung an das Land­schafts­bild ange­passt. Die ein­ge­bau­ten Sedi­men­te wer­den zuletzt mit rekul­ti­vie­rungs­fä­hi­gem Boden abgedeckt.“

Streng geschütz­te Muschel­art nicht gefährdet?
Fra­ge 5: Im Hen­ne­see leben ver­schie­de­ne Muschel-Arten. Ist beab­sich­tigt, vor dem Aus­bag­gern des Vor­be­ckens wenigs­tens einen Teil von ihnen auf­zu­sam­meln und die Muscheln an ande­rer Stel­le wie­der in den Hen­ne­see ein­zu­set­zen, damit das Über­le­ben der ver­schie­de­nen Popu­la­tio­nen gesi­chert ist? Wenn nein, war­um nicht?
Ant­wort: „Nach den mir vor­lie­gen­den Infor­ma­tio­nen vom Ruhr­ver­band lebt im Vor­be­cken als Muschel­art ledig­lich die gemei­ne Teich­mu­schel. Weder dem LANUV, noch der Bio­lo­gi­schen Sta­ti­on oder dem Ruhr­ver­band selbst lie­gen Infor­ma­tio­nen über die Grö­ße der Popu­la­ti­on vor. Das lang­sa­me Ablas­sen des Was­ser­spie­gels im Vor­be­cken ermög­licht es aber den Teich­mu­scheln, mit dem sin­ken­den Was­ser­spie­gel den Räu­mungs­be­reich zu ver­las­sen. Die Muschel­po­pu­la­ti­on wird durch die Teil­räu­mung somit nicht gefährdet.“
Anmer­kung: Das sehen Natur­schüt­zer offen­bar anders. Dem­nach han­delt es sich bei der Gemei­nen Teich­mu­schel um eine streng geschütz­te Art. Und sie ist nicht in der Lage, dem ablau­fen­den Was­ser zu fol­gen. Um ihren Bestand zu sichern, müss­te zumin­dest ein Teil der Gemei­nen Teich­mu­schel vor­sorg­lich auf­ge­sam­melt und an ande­rer Stel­le wie­der in den See ein­ge­setzt wer­den. Zudem lebt (laut Aus­sa­gen von Natur­schüt­zern) im Hen­ne­see die Wan­der­mu­schel. Sie hät­te auf­grund ihrer gerin­ge­ren Grö­ße aber bes­se­re Chan­cen, das Ablas­sen des Was­sers zu über­le­ben. Auch das Vor­kom­men der eben­falls streng geschütz­ten Gro­ßen Teich­mu­schel hal­ten Natur­schüt­zer für nicht ganz ausgeschlossen.

Kein Pro­blem mit Gül­le und Antibiotika
Fra­ge 6: Wie beur­tei­len Sie die Was­ser­qua­li­tät des Hen­ne­sees, auch hin­sicht­lich der mög­li­chen Gül­le- und Anti­bio­ti­ka-Belas­tung der Zuflüs­se durch die in Gewäs­ser­nä­he pro­du­zie­ren­den land­wirt­schaft­li­chen Betrie­be? (Bit­te um Anga­be der genau­en Messwerte!)
Ant­wort: „Die Was­ser­qua­li­tät der Hen­ne­tal­sper­re ist als gut zu beur­tei­len. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass aus der Hen­ne­tal­sper­re Roh­was­ser zur Trink­was­ser­auf­be­rei­tung gewon­nen wird. ln die­sem Zusam­men­hang betreibt der Was­ser­ver­s­ar­ger in Zusam­men­ar­beit mit dem Ruhr­ver­band ein umfang­rei­ches und inten­si­ves Moni­to­ring, das auch die Zuflüs­se Hen­ne und Hor­bach ein­be­zieht. Die­se Moni­to­rin­g­er­geb­nis­se lie­gen mir nicht vor; aus den vor­ste­hen­den Grün­den ver­wei­se ich Sie an den Ruhr­ver­band als Betrei­ber der Talsperre.“

Aktu­ell kein Antrag auf Bau einer Wasserski-Anlage
Fra­ge 7: Ist der Bau einer Was­ser­ski-Anla­ge am Hen­ne­see wei­ter­hin beabsichtigt?
Ant­wort: „Im Zuge der REGIO­NA­LE 2013 hat im Jahr 2011 ein Vor­ge­spräch über die Errich­tung einer Was­ser­ski­an­la­ge auf dem Vor­be­cken der Hen­ne­tal­sper­re statt­ge­fun­den. Für die Zulas­sung die­ser Anla­ge wäre sei­tens der unte­ren Was­ser­be­hör­de eine Geneh­mi­gung zu ertei­len. Ein dies­be­züg­li­cher Antrag liegt hier nicht vor und dem HSK lie­gen kei­ne Infor­ma­tio­nen dar­über vor, ob das Vor­ha­ben noch wei­ter­ver­folgt wird.“

Kei­ne Aus­sa­gen zu mög­li­chen Umweltgefahren
Fra­ge 8: Wenn ja, wie beur­tei­len Sie die­ses Vor­ha­ben unter natur- und land­schafts­schutz­recht­li­chen Aspek­ten? (Umwelt­schüt­zer sehen den Bau einer Was­ser­ski-Anla­ge am Hen­ne­see kri­tisch. Sie befürch­ten u.a. die Zer­stö­rung des Lebens­raums von Vögeln.)
Ant­wort: „Ohne Vor­lie­gen eines ent­spre­chen­den was­ser­recht­li­chen Antra­ges kann das Vor­ha­ben von mir natur- und land­schafts­recht­lich nicht beur­teilt werden.

PM der Sauer­län­der Bür­ger­lis­te (SBL/FW)